Normenkette
StVO §§ 3, 8 Abs. 1; StVG § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 123/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers, die i.Ü. zurückgewiesen wird, wird das am 7.3.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 1.116,23 Euro (= 2.183,15 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 14.2.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 85 % und die Beklagte 15 % zu tragen.
Das Urteil ist vollstreckbar.
Gründe
I. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Die Beklagten haben den unfallbedingten Schaden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 29.12.1999 gegen 11.20 Uhr auf dem in der polizeilichen Verkehrsunfallmeldung vom selben Tage zu der Bußgeldsache 315 OWi 888/00 des AG Tiergarten (= BA dort Bl. 1) als Großraumparkplatz bezeichneten Parkplatz in Höhe der L.-Allee in B. nach einer Quote zu einem Drittel zu ersetzen (§§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 und Nr. 2 Pflichtversicherungsgesetz).
Die Gestaltung des Parkplatzes ergibt sich aus den vom Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 16.11.2000 verwendeten Lichtbildern Nrn. 20–22 (Bl. 76 f.); an der Einfahrt zu diesem Parkplatz befindet sich das Zeichen 274.1 zu § 41 StVO (Beginn der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in dieser Zone). Zu der genannten Zeit befuhr der Beklagte zu 2) mit seinem bei der Beklagten zu 1) gegen Haftpflicht versicherten Personenkraftwagen Peugeot 306 mit dem amtlichen Kennzeichen B-… die Verlängerung der genannten Einfahrt zwischen links und rechts abgestellten Fahrzeugen in östlicher Richtung (zu Letzterem vgl. Symbolskizze in der genannten Bußgeldsache, BA Bl. 1). Der Kläger befuhr mit seinem Personenkraftwagen Toyota Carina B-… in einem hierfür gedachten Fahrbereich, der im rechten Winkel zum Fahrbereich des Beklagten zu 2) verlief, in südlicher Richtung. Der Kläger kam damit aus der Sicht des Beklagten zu 2) von links. Im Schnittpunkt der Fahrtrichtungen beider Fahrzeuge stießen diese zusammen. Die Anstoßstellen liegen am Personenkraftwagen des Klägers vorn rechts, am Wagen des Beklagten zu 2) vorn links.
Wegen der Gestaltung des Parkplatzes ist davon auszugehen, dass es sich um einen öffentlichen Parkplatz und um eine öffentliche, für den Verkehr gewidmete Straße handelt. Allerdings kann letztendlich dahinstehen, ob der Unfallbereich, der mit Zustimmung oder Duldung des Verfügungsberechtigten allgemein genutzt wird, ausdrücklich dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Denn sowohl auf einem privaten als auch auf einem öffentlichen Parkplatz findet die StVO Anwendung (st. Rspr. des KG, DAR 1977, 47; DAR 1984, 85 [86]; DAR 1988, 271 [272] = NZV 1988, 65 [66] = VersR 1988, 970 [971]; Urt. v. 3.5.1993 – 12 U 2372/92; v. 11.10.1999 – 12 U 3610/98).
2. Zutreffend ist der Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung, dass der Kläger gegen die Vorschrift über die Vorfahrt (§ 8 Abs. 1 S. 1 StVO) verstoßen hat. Denn er hätte den für ihn von rechts kommenden Beklagten zu 2) die Vorfahrt einräumen müssen. Dies hat er nicht getan. Deshalb spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Schadensverursachung durch ihn (vgl. BGH v. 15.6.1982 – VI ZR 119/81, MDR 1983, 46 = VersR 1982, 903; KG DAR 1977, 47 [48]; DAR 1984, 85 [86]; ferner Urt. v. 17.1.2000 – 12 U 6678/98, KGReport Berlin 2000, 135; v. 21.6.2001 – 12 U 1147/00, KGReport Berlin 2002, 2).
Den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht ausgeräumt. Hierzu genügt es nicht, auf ein verkehrswidriges Verhalten des anderen am Verkehrsunfall beteiligten Verkehrsteilnehmers zu verweisen. Vielmehr bedarf es des Nachweises von Tatsachen, welche die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes als den nach der allgemeinen Erfahrung typischen ergeben können (vgl. BGH VersR 1969, 859 [860]; KG DAR 1984, 85 [86]).
Es reicht nicht aus, dass der Kläger in der Klageschrift vom 8.3.2000 unter Beweisantritt dargetan hat, er habe die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges nochmals verringert, um den vom Beklagten zu 2) benutzten Fahrbereich einsehen zu können, und habe sodann den Wagen angehalten (Bl. 2). Damit hat er in nicht ausreichendem Maße geschildert, auf welcher Strecke er wie schnell sein Fahrzeug abgebremst hat und wie weit dann noch sein Pkw in die vom Beklagten zu 2) benutzte Fahrbahn hineingeragt hat, außerdem, ob der Beklagte zu 2) noch früher – als vom Sachverständiger Dipl.-Ing. … in seinem Gutachten vom 16.11.2000 (Bl. 54 ff.) erörtert – das Fahrzeug des Klägers hätte wahrnehmen und sich darauf einrichten können. Gegen die Auswertung der aus den Lichtbildern ersichtlichen Schäden an beiden Fahrzeugen durch den Sachverständigen …, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug gestanden oder sich in einer leichten Vorwärtsbewegung befunden haben könne, hat er sich nicht gewendet. Im Rahmen der nach § 17 Abs. 1 StVG gebotenen Abwägung der Verursachungs- und Verschu...