Leitsatz (amtlich)

1. Eine (auch) für Haustürgeschäfte mit Verbrauchern in allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmte Vereinbarung eines ausländischen Gerichtsstandes, die lediglich dem Unternehmer freistellt, seine Rechte auch am inländischen Wohnsitz des Verbrauchers oder jedem anderen zuständigen Gericht geltend zu machen, ist - auch bei Vereinbarung ausländischen Rechts - jedenfalls gem. Art. 29 Abs. 1 EBGB a.F. i.V.m. §§ 305 ff. BGB als insgesamt unwirksam zu behandeln.

2. Die auf einen Vermögensverwaltungsvertrag bezogene Vermittlung oder Beratung stellt keine Finanzdienstleistung nach § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 oder Nr. 1a KWG dar, weil die Vermögensverwaltung selbst kein Finanzinstrument i.S.v. § 1 Abs. 11 KWG ist.

 

Normenkette

ZPO § 29c Abs. 1, § 40 Abs. 2; KWG § 32 Abs. 1, § 54 Abs. 1, § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1, § 1 Nr. 1a KWG

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.03.2013; Aktenzeichen 19 O 23/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.10.2017; Aktenzeichen VI ZR 556/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22.3.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des LG Berlin - 19 O 23/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % Sicherheit leisten.

Die Revision wird hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte zu 3. zugelassen und im Übrigen nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten zu 1. und 2. mit Sitz in Liechtenstein nach Widerruf des mit der Beklagten zu 1. geschlossenen Servicevertrages bzw. des mit der Beklagten zu 2. geschlossenen Verwaltungsauftrages Rückzahlung seiner Geldanlage (Finanzkonzept G.S.) i.H.v. 27.000 EUR. Von den Beklagten zu 1. und 2. sowie der Beklagten zu 3. begehrt er die Zahlung ferner im Wege des Schadenersatzes.

Die Beklagte zu 3. suchte den Kläger im November 2007 zum Zweck der Beratung dreimal in seinem Naturkostlokal auf. Im dritten Gespräch am 19.11.2007 unterzeichnete der Kläger den Servicevertrag sowie den Verwaltungsauftrag. Vereinbart war eine "G.S.Kombianlage", d.h. eine Einmalanlage von 20.000 EUR zzgl. 5 % Agio sowie monatlich 1.000 EUR zzgl. 5 % Agio für eine Einzahlungsdauer von 15 Jahren.

Der Kläger zahlte im Dezember 2007 insgesamt 27.000 EUR (einschließlich 5 % Agio), von denen 19.731,60 EUR als Vorabverwaltungsgebühr und 1.285,71 EUR als Agio erhoben wurden, so dass ein Anlagebetrag von 5.982,69 EUR verblieb. Weitere Zahlungen leistete der Kläger nicht mehr. Per 28.2.2010 wurde ein Betrag von 6.975,49 EUR ausgewiesen.

Wegen des Parteivorbringens erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat durch am 22.3.2013 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Für die Beklagten zu 1. und 2. sei es örtlich und international nicht zuständig, weil eine zulässige und wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vorläge. Für Klagen des Verbrauchers sei in § 29c ZPO kein ausschließlicher Gerichtsstand vorgesehen, weshalb eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht ausgeschlossen sei. Die Klauseln seien mit Rücksicht auf den Sitz in Liechtenstein weder unangemessen noch überraschend. Die Klage gegen die Beklagte zu 3. sei unbegründet, weil der Kläger den Beweis einer Pflichtverletzung nicht habe führen können. Die Voraussetzungen der Parteivernehmung des Klägers hätten nicht vorgelegen. Die angebotene Zeugin habe es nicht vernehmen müssen, weil diese bei den Gesprächen nicht ununterbrochen anwesend gewesen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit seiner rechtzeitigen Berufung macht der Kläger sinngemäß geltend, § 29c ZPO begründe umfassend in seinem Anwendungsbereich einen ausschließlichen Gerichtsstand, weshalb die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam und die örtliche und internationale Zuständigkeit gem. § 29c ZPO gegeben sei. Jedenfalls sei die Klausel auch unangemessen. Der wesentliche Gedanke der gesetzlichen Regelung von der abgewichen werde, sei gerade, dass der Verbraucher an seinem Heimatort klagen dürfe.

Das LG habe den Zeugenbeweis fehlerhaft unbeachtet gelassen. In welchem Umfang die Zeugin zugegen gewesen sei, hätte sich durch ihre Vernehmung leicht klären lassen. Jedenfalls hätte sie die Zusagen bekunden können.

Kurz vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erstmals geltend gemacht, die Beklagte zu 3. verfüge nicht über die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis, wozu die Beklagte zu 3. sich spontan persönlich mit den Worten, eine solche habe sie nicht, davon habe sie noch nie etwas gehört, geäußert hat. Der Kläger meint, sie hafte daher bereits wegen der Schutzgesetzverletzung.

Der Kläger erklärt im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Auszahlung der Anlage i.H.v. 6.803,03 EUR den Recht...

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