Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung von Wohnungseigentümern für Sonderumlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei akutem Reparaturbedarf ist im Zweifel die sofortige Fälligkeit einer konkret beschlossenen Sonderumlage anzunehmen.
2. Für die Fälligkeit der Sonderumlage reicht es aus, daß die Einzelbeiträge der Wohnungseigentümer nach objektiven Maßstäben eindeutig bestimmbar sind.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 25.04.1990; Aktenzeichen 26 O 43/90) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 25. April 1990 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 26 O 43/90 geändert:
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit der Ausnahme der durch die Anrufung des Landgerichts Essen verursachten Kosten, die den Klägern auferlegt werden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 8.288,– DM.
Tatbestand
Der Beklagte gehörte mit seiner Wohnung Nr. 27 bis zum 28. Juli 1987 und mit seiner Wohnung Nr. 32 bis zum 18. März 1988 der Eigentümergemeinschaft an, deren Mitglieder am 16. November 1989 den Zahlungsrechtsstreit gegen ihn eingeleitet haben. Am 5. März 1987 beschlossen die Eigentümer bestandskräftig, daß die Dächer der Häuser Nr. 15 und Nr. 17 einschließlich der Attika-Umrandungen erneuert, daß 6.000,– DM aus der Instandhaltungsgrundlage bezahlt werden sollten und der Restbetrag anteilig auf jeden Eigentümer umgelegt und durch eine Sonderzahlung ausgeglichen werden sollte. Am 16. Juli 1987 beschlossen die Eigentümer bestandskräftig zu TOP 2, daß für die Häuser 13 – 17 Dach und Attika erneuert werden zu dem vorliegenden Angebot von DM 115.000,– zuzüglich Gerüst DM 15.000,– zuzüglich Architektenhonorar von ca. DM 7.900,– je Haus. Mit Schreiben vom 27. Juli 1987 forderte der Verwalter von den Eigentümern bis Mitte September 1987 einen Vorschuß auf die Umlage für die Dachsanierung, den er gegenüber dem Beklagten auf 5.580,– DM für die Wohnung Nr. 27 und auf 5.684,– DM für die Wohnung Nr. 32 bezifferte. Der Beklagte zahlte 2.976,– DM. Am 24. Februar 1988 ermächtigten die Kläger den Verwalter, die gerichtliche Geltendmachung der Sonderumlage einzuleiten. Mit der Klage verlangen die Kläger die Restsumme von 8.288,– DM.
Durch das am 25. April 1990 verkündete Urteil hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, bezüglich der geforderten Sonderumlage fehle es an einem verbindlichen Mehrheitsbeschluß, weil bei Beschlußfassung am 5. März 1987 die insgesamt für die Dachsanierung entstehenden Kosten nicht festgestanden hätten, während der Beschluß vom 16. Juli 1987 lediglich besage, daß das Dach auf der Grundlage eines bestimmten Kostenangebots erneuert werden sollte, aber keine Bestimmung darüber treffe, auf welche Weise diese Kosten von jedem einzelnen Wohnungseigentümer zu tragen seien.
Gegen dieses am 24. Juli 1990 zugestellte Urteil haben die Kläger am 23. August 1990 Berufung eingelegt und diese, nachdem die Begründungsfrist am 15. Oktober 1990 bis zum 15. November 1990 verlängert worden war, an diesem Tage begründet.
Die Kläger tragen vor, die Eigentümerbeschlüsse vom 5. März und 16. Juli 1987 begründeten eine Verpflichtung jedes einzelnen Eigentümers zur Zahlung der Sonderumlage, also auch eine Verpflichtung des Beklagten als des damaligen Wohnungseigentümers der Wohnungen Nr. 27 und Nr. 32.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie zu Händen des Verwalters P. … 8.288,– DM nebst 10 % Zinsen seit dem 16. September 1987 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, die Versammlung vom 5. März 1987 habe nur beschlossen, daß künftig einmal ein Restbetrag durch eine Sonderzahlung ausgeglichen werden solle, jedoch gerade noch nicht irgendeine bestimmte Sonderumlage beschlossen, während die Versammlung vom 16. Juli 1987 lediglich die Ausführung bestimmter Arbeiten beschlossen habe, ohne sich zu einer Sonderumlage zu äußern. Eine Sonderumlage habe erst dann wirksam werden sollen, wenn die Schlußrechnungen vorliegen würden und mithin überhaupt ein nicht aus der Rücklage zu deckender Restbetrag bekannt wäre. Abgesehen davon stünden ihm im Verhältnis zu seinen jeweiligen Rechtsnachfolgern im Innenverhältnis Freistellungsansprüche zu.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zur Entscheidung über Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis gegen einen vor Rechtshängigkeit aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschiedenen Wohnungseigentümer ist das Prozeßgericht berufen (BGHZ 106, 34 = NJW 1989, 714). Der Beklagte ist am 28. Juli 1987 bzw. am 18. März 1988 aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden, während die Rechtshängigkeit am 6. November 1989 eingetreten ist. Der Beklagte schuldet der Eigentümergemeinschaft, wie sie am 16. November 1989 bestand (vgl. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO), die verlangten Restbeträge der am 16. Juli 1987 beschlossenen Sonderumlage.
Zutref...