Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.07.2021; Aktenzeichen 93 O 33/21) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15.7.2021 - Az. 93 O 33/21 - abgeändert, die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 8.6.2021 aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung vom 08.06.2021, mit der dem Verfügungsbeklagten (im Folgenden auch: Beklagter) u.a. untersagt wurde, die Geschäfte der Verfügungsklägerin (im Folgenden auch: Klägerin) zu führen und diese zu vertreten.
Gesellschafter der Klägerin sind die Nebenintervenientin (K ...), eine Gesellschaft ... Rechts, mit einer Mehrheitsbeteiligung von 58,65 % der Geschäftsanteile, die P ..., ebenfalls eine Gesellschaft ... Rechts mit Sitz in ..., mit einer Beteiligung von 26,35 % und S ... mit einer Beteiligung von 15 %. Der Beklagte war neben D ... Geschäftsführer der Klägerin.
Unter dem 12.01.2021 (Anlage AS 3 = BK 7) forderte Rechtsanwalt Dr. M ... den Beklagten und den weiteren Geschäftsführer S ... im Namen der K ... auf, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, in der es um die Abberufung des Beklagten und des S ... als Geschäftsführer gehen sollte. Letztere luden nicht zu einer Gesellschafterversammlung.
Mit Schreiben vom 12.02.2021 (Anlage AS 16) berief Dr. M ... für die K ... eine außerordentliche Gesellschafterversammlung am 26.02.2021 ein. Auf dieser wurden der Beklagte und S ... mit den Stimmen der K ... abberufen. Gegen die gefassten Beschlüsse hat die Gesellschafterin P ... Klage erhoben. Parallel beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Beklagten und S ..., mit der diesen untersagt werden sollte, für die Klägerin weiter aufzutreten. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen. Eine hiergegen beim Kammergericht eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos (vgl. KG, Beschluss vom 14.04.2021 - 23 W 5/21). Nach Ansicht des hiesigen Senats sind die Beschlüsse vom 26.02.2021 wegen einer fehlerhaften Ladung nichtig.
Darauf leitete Dr. M ... mit Schreiben vom 19.04.2021 (Anlage AS 20 = BK 16) unter Berufung auf das Einberufungsverlangen vom 12.01.2021 zwecks Bestätigung bzw. vorsorglicher Wiederholung der Beschlüsse vom 26.02.2021 ein schriftliches Beschlussverfahren ein. Unter dem 27.05.2021 (Anlage AS 30 = BK 19) stellte Dr. M ... die Beschlüsse unter anderem auf Abberufung des Beklagten fest.
Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht am 08.06.2021 im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld untersagt worden ist, die Geschäfte der Klägerin zu führen und diese zu vertreten und den Gesellschaftern der Verfügungsklägerin und Dritten gegenüber als Geschäftsführer der Klägerin aufzutreten, die Geschäftsräume der Verfügungsklägerin zu betreten sowie die Betriebsmittel der Verfügungsklägerin zu benutzen. Der Beschluss ist dem Beklagten im Parteibetrieb am 15.06.2021 zugestellt worden.
Wegen des weiteren Sachverhaltes wird gemäß § 540 I 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung vom 08.06.2021 mit dem angefochtenen Urteil bestätigt.
Der Beklagte hat gegen das am 15.07.2021 verkündete und ihm am 27.07.2021 zugestellte Urteil mit am 29.07.2021 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 27.10.2021 am 26.10.2021 begründet.
Er ist unter anderem der Ansicht, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei bereits unzulässig, da die Klägerin mangels Bestimmung einer Vertretung weder handlungs- noch prozessfähig sei. Ferner sei der Antrag unbegründet, da das Einberufungsverlangen vom 12.01.2021 nicht ordnungsgemäß begründet worden sei und zudem durch die am 26.02.2021 abgehaltene Gesellschafterversammlung verbraucht gewesen sei.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 08.06.2021 unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin (G # 93 O 33/21) vom 15.07.2021 aufzuheben und den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Ferner beantragt er im Rahmen der Berufung,
gemäß §§ 927,929 II ZPO die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf deren Erlass zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Nebenintervenientin schließt sich dem Antrag der Verfügungsklägerin an.
Die Klägerin und die Nebenintervenientin sind unter anderem der Auffassung, das Selbsthilferecht des § 50 III GmbHG habe sich nicht verbraucht, da der Beklagte selbst davon ausgehe, dass die Gesellschafterbeschlüsse vom 26.02.2021 nichtig seien. Nichtige Beschlüsse können jedoch Tagesordnungspunkte nicht abschließend erledigen, was Voraussetzung für einen Verbrauch des Selbsthilferechts sei. Dabei sei unerheblich, aus wessen Sphäre ein formeller Fehler des Bes...