Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 30.06.1993; Aktenzeichen 28 O 555/92) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das am 30. Juni 1993 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 8.789,13 DM.
Tatbestand
Der zur Unfallzeit 13 Jahre alte Beklagte zu 1) verlebte im August 1989 mit seinen Eltern, den Beklagten zu 2) und 3), einen Urlaub in dem Hotel der Eheleute T. in Hofheim-Großmannsdorf. Die Eheleute T. vermieteten auch Reitpferde und betrieben eine Reitschule. Am 30. August 1989 unternahm der Beklagte zu 1) auf dem Pferd „Johnny”, das er mit Zustimmung seiner Eltern von dem Halter des Pferdes, dem Reitlehrer Toelle, gemietet hatte, gemeinsam mit der 23 Jahre alten S. K. und der 13 Jahre alten S. S. einen Ausritt. Nachdem die Gruppe die Bundesstraße 303 überquert hatte, wurde der Beklagte zu 1) von seinem Pferd abgeworfen. Anschließend lief das Pferd zurück und wurde bei einem erneuten Überqueren der Bundesstraße von einem Pkw (VW Golf, amtliches Kennzeichen H.-… …) erfaßt. Wegen der bei dem Unfall an dem Pkw entstandenen Schäden nahm dessen Eigentümer A. Z. den Halter des Pferdes auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin als dessen Haftpflichtversicherer zahlte an Zöllner einen Betrag von 8.789,13 DM als Schadensersatz.
Sie hat die Beklagten auf Erstattung dieses Betrages in Anspruch genommen und vorgetragen: Der Beklagte zu 1) habe, nachdem er abgeworfen worden sei, wiederholt mit seiner Reitgerte auf das Pferd eingeschlagen; deshalb sei das Pferd davongelaufen und auf die Straße geraten. Der Beklagte zu 1) hätte das Pferd zunächst beruhigen müssen; stattdessen habe er zweimal vergeblich versucht, wieder aufzusteigen, und, als sich das Tier dagegen gewehrt habe, die Reitgerte benutzt. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten schuldhaft ihre Aufsichtspflicht gegenüber dem Beklagten zu 1) verletzt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 8.789,13 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. Januar 1993 zu zahlen.
Die Beklagten haben
Klageabweisung
beantragt und erwidert: Dem Beklagten zu 1) sei kein fehlerhaftes Verhalten vorzuwerfen. Er sei ein erfahrener Reiter und habe bereits im Jahre 1984 mit dem Reitunterricht begonnen. Seit dem Jahre 1987 besitze er ein eigenes Pferd und betreibe intensiv Modernen Fünfkampf. Während des Urlaubs sei der Beklagte zu 1) schon mehrfach ausgeritten und sei von der Reitschule selbst mit dem Führen verschiedener Reitergruppen beim Ausreiten betraut worden. Das Pferd Johnny sei als ruhiges Reitpferd bekannt gewesen. Es sei bei dem Ausritt überraschend zur Seite gesprungen, so daß der Beklagte zu 1) heruntergefallen sei. Weil das Pferd anschließend gescheut habe, sei der Beklagte zu 1) in Gefahr gewesen, von Huftritten getroffen zu werden; um diese Gefahr abzuwehren, habe er mit der Reitgerte in Richtung des Pferdes geschlagen, um es von sich abzudrängen. Nachdem sich das Tier „gefangen” gehabt habe, sei es umgekehrt und in Richtung zum Stall davongelaufen. Die Schläge mit der Reitgerte seien nicht die Ursache hierfür gewesen; sie hätten jedenfalls kein schuldhaftes Verhalten dargestellt.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, der Klage gegen den Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Es hat ausgeführt: Gegen den Beklagten zu 1) habe gemäß § 834 BGB ein Schadensersatzanspruch des geschädigten Fahrzeugeigentümers bestanden, der gemäß § 67 Abs. 1 VVG auf die Klägerin übergegangen sei. Der Beklagte zu 1) sei Tierhüter im Sinne von § 834 Satz 2 BGB gewesen und hätte sich deshalb entlasten müssen, wozu sein Vortrag nicht ausreichend sei. Eine Haftung der Beklagten zu 1) und 2) sei hingegen nicht gegeben. Der Versicherungsnehmer der Klägerin habe gemäß §§ 426 Abs. 1 Satz 1, 840 Abs. 3 BGB einen Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten zu 1) in voller Höhe gehabt; dieser sei auf die Klägerin übergegangen.
Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten zu 1). Er macht geltend: Er sei nicht Tierhüter im Sinne von § 834 BGB gewesen. Vielmehr sei er unter Obhut der Reitschule ausgeritten, die ihrerseits den Ausritt unter die Leitung der volljährigen Frau Katzenbächer gestellt habe. Diese sei eine Art freie Mitarbeiterin der Reitschule gewesen und habe auch Reitunterricht erteilt. Der Ausflug sei mit dem Hinweis organisiert worden, Frau Katzenbächer werde die Gruppe leiten. Der Vortrag im ersten Rechtszug, der Beklagte zu 1) sei mit der Leitung anderer Reitergruppen beauftragt gewesen, habe auf einem Übermittlungsfehler beruht; er sei unzutreffend. Der Vorfall habe für den Beklagten zu 1) ein unabwendbares Ereignis dargestellt, da er ohne Verschulden in die für ihn unvorhersehbare Gefahrenlage geraten sei und keine Zeit und Gelegenheit für eine ruhige Überlegung gehabt habe. Er habe spontan un...