Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 31.08.2016; Aktenzeichen 105a O 3/15)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. August 2016 verkündete Urteil der Zivilkammer 105a des Landgerichts Berlin - Geschäftsnummer 105a O 3/15 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.

Das angefochtene Urteil und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der von der Klägerin betriebene Windpark ist über das Umspannwerk G. an das Verteilungsnetz der Streithelferin der Beklagten angeschlossen. An das Verteilungsnetz sind weitere Windenergieanlagen angeschlossen, nicht dagegen konventionelle Kraftwerke. Das Verteilungsnetz ist über das Umspannwerk P. mit dem von der Beklagten betriebenen Übertragungsnetz verbunden.

In der zweiten Jahreshälfte 2011 richtete die Beklagte an ihre spätere Streithelferin jeweils mit "Anforderung von Anpassungen nach § 13 Abs. 2 EnWG bei VNB und direkt angeschlossenen Kunden" überschriebene Verlangen nach Reduzierung der zulässigen Einspeisung aus dem Verteilungsnetz in das Übertragungsnetz (Anlagenkonvolut B8). Die Streithelferin forderte ihrerseits die in ihrem Netzgebiet in Frage kommenden Umspannwerke zur Reduzierung der Einspeiseleistung auf. Dies führte dazu, dass der Windpark der Klägerin in gewissem Umfang Strom nicht einspeisen konnte. Die Parteien streiten darüber, ob der hierdurch entstandene, eingeklagte Einnahmeausfall zu erstatten, zu entschädigen oder von der Klägerin hinzunehmen ist.

Die Klägerin hat die Beklagte zunächst im Mahnverfahren auf Zahlung von 219.196,68 EUR in Anspruch genommen. Nach Eingang des Widerspruchs hat die Klägerin gegenüber dem Mahngericht mitgeteilt, man beantrage nunmehr auch, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 3.241,67 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Akten sind am 9. Januar 2015 bei dem Streitgericht eingegangen. Die Anspruchsbegründung mit gleichlautender Antragstellung ist der Beklagten am 25. August 2015 zugestellt worden.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie könne von der Beklagten eine Erstattung nach der Härtefallregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 EEG in der vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 in Kraft gewesenen Fassung (fortan: EEG 2009) verlangen. Die Rechtsprechung des Kammergerichts (Urteile vom 9. März 2015 - 2 U 72/11 .EnWG, ZNER 2015, 354 und vom 13. August 2015 - 2 U 112/13 .EnWG, ZNER 2016, 48), wonach für diesen Anspruch maßgeblich sei, auf welcher Rechtsgrundlage der Netzbetreiber tatsächlich gehandelt habe, sei unrichtig und ermangele der Begründung. Jedenfalls könne sie - die Klägerin - sich auf einen gleichlaufenden Schadensersatzanspruch wegen der Umgehung erstattungspflichtiger Maßnahmen stützen. Die tatsächlichen Voraussetzungen für Notfallmaßnahmen hätten schon deswegen nicht vorgelegen, weil es an einer Gefährdung des Netzbetriebs gefehlt habe. Richtigerweise sei es der Beklagten nur um einen die Lebensdauer ihrer Leistungstransformatoren im Umspannwerk P. schonenden Netzbetrieb gegangen. Maßnahmen des Einspeisemanagements nach § 11 Abs. 1 EEG 2009 seien in Betracht gekommen, denn es habe eine Überlastung der Netzkapazität durch Strom aus erneuerbaren Energien vorgelegen. Zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehe ein gesetzliches Schuldverhältnis aus § 13 Abs. 2a EnWG in der vom 4. August 2011 bis zum 27. Dezember 2012 in Kraft gewesenen Fassung, welches die Beklagte in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB, jedenfalls aber über § 823 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichte. Letzteren könne sie auch deswegen verlangen, weil die Beklagte vorprozessual geltend gemachte Auskunftsansprüche nach § 11 Abs. 1 EEG nicht erfüllt habe.

Die Beklagte hat geltend gemacht, ihre damaligen Anweisungen seien Notfallmaßnahmen nach § 13 Abs. 2 EnWG in der seinerzeit jeweils geltenden Fassung (fortan: a.F.) gewesen. Es habe eine Gefährdung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems in der Regelzone bestanden. Wegen starken Windes habe eine hohe Rückspeisung aus dem Verteilernetz der Streithelferin und damit eine Transformatorenbelastung von 140 % vorgelegen, was ohne Abhilfe über eine Kettenreaktion zu einem Teilnetzzusammenbruch hätte führen können. Netzbezogene Maßnahmen seien bei dieser Lage nicht in Betracht gekommen. Aus § 13 Abs. 2a EnWG 2011 folge für die Zeit nach seinem Inkrafttreten nichts Anderes. Jedenfalls seien Ansprüche auf Schadensersatz nach § 13 Abs. 4 EnWG a.F. ausgeschlossen.

Die Streithelferin der Beklagten hat geltend gemacht, sie habe auf die Anordnungen der Beklagten hin tätig werden müssen und daher ihrerseits Notfallmaßnahme...

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