Leitsatz (amtlich)
Die dem Versicherer angezeigte Abtretung der Leistungsansprüche und Gestaltungsrechte aus dem Kapitallebensversicherungungsvertrag an die kreditgebende Bank zum Zwecke der Verwendung des Versicherungsvertrags als Tilgungsinstrument und Sicherungsmittel für den Bankkredit steht der späteren Geltendmachung von Bereicherungsansprüchen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 17.06.2015; Aktenzeichen 23 O 534/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Berlin vom 17.6.2015 unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.
Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1.9.1999 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung abgeschlossen. Unstreitig erhielt die Klägerin mit dem Versicherungsschein, der die Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. enthielt, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).
Die Klägerin zahlte in der Folge die Versicherungsprämien bis August 2010 in Höhe von 33.545,36 Euro. Ab dem 1.9.2010 war der Vertrag beitragsfrei gestellt. Mit Schreiben vom 8.6. und 8.8.2011 erklärte sie u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., hilfsweise die Kündigung (Anlagen K 3 und K 4 der Klageschrift). Die Beklagte zahlte den nach Abführung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag verbleibenden Rückkaufswert von 10.594,57 Euro aus. Auf das Abrechnungsschreiben vom 4.7.2011 (Anlage B 5o) wird verwiesen.
Mit der Klage hat die Klägerin Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteter Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswertes und des als Vorauszahlung erhaltenen Darlehens in Höhe von 17.000 Euro, insgesamt 20.505,86 Euro begehrt. Sie hat geltend gemacht, der Versicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, weil sie zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt wurde und zum anderen das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei. Als Nutzungszinsen stünden ihr die mit der Anlage K 5 errechneten Beträge in Höhe von insgesamt 14.534,42 Euro zu.
Das LG hat der Klage in Höhe von 5.970,79 Euro nebst anteiligen Zinsen und Kosten stattgegeben. Es hat den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung der Prämien unter Anrechnung der von der Beklagten bereits ausgezahlten Beträge für begründet erachtet, weil die Belehrung nicht auf die Schriftform des Widerspruchs hinweise und damit fehlerhaft gewesen sei, so dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Der Anspruch sei weder verjährt noch verwirkt. Abzüge seien nicht vorzunehmen, da die Beklagte den Wert des genossenen Risikoschutzes nicht konkret dargetan habe und Abschluss- und Verwaltungskosten nicht abzuziehen seien. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen; die Klägerin habe nicht dargetan, dass die Beklagte die berechneten Zinsen überhaupt erwirtschaftete. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes, der Anträge, des Urteilsausspruchs und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Mit ihren jeweiligen Berufungen verfolgen die Parteien ihre jeweiligen erstinstanzlichen Anträge weiter, soweit ihnen das LG nicht stattgegeben hat.
Die Klägerin rügt, die von der Beklagten erzielte Nettoverzinsung vorgetragen zu haben, soweit in den Geschäftsberichten - für die Jahre 2001 bis 2004 - veröffentlicht. Im Übrigen könne sie nur die durchschnittliche Nettorendite deutscher Lebensversicherer vortragen. Sie legt zuletzt eine neue Berechnung als Anlage BK 4 vor, aufgrund derer sie noch Zinsen in Höhe von 6.793,18 Euro berechnet.
Die Beklagte macht geltend, die Klage unterliege insgesamt der Abweisung, da die Widerspruchsbelehrung ordnungsgemäß sei. Jedenfalls sei der Anspruch verwirkt aufgrund der Erklärungen der Klägerin nach Vertragsschluss, die als mehrfache Bestätigung des Vertrages zu verstehen seien, wie im Einzelnen in der Klageerwiderung S. 5 ff. nebst Anlagen B 5a ff. vorgetragen. Vor allem sei die Klägerin auf das wirksame Zustandekommen des Versicherungsvertrages angewiesen gewesen, da sie die Lebensversicherung zum Zwecke der Tilgungsaussetzung des Darlehens abgeschlossen habe, wie ihr deren Versicherungsmakler mit Begleitschreiben vom 6.8.1999 zum Versicherungsantrag (Anlage B 3) mitgeteilt habe. Die Klägerin habe sodann ihre Ansprüche aus der Lebensversicherung kurz nach Übersendung des Versicherungsscheins durch Abtretungserklärung vom 8.9.1999 an ihre kreditgebende Bank abgetreten, wodurch sie durch die Abtretun...