Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 06.12.2004; Aktenzeichen 12 O 220/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.12.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der für die Zeit von Januar 2004 bis April 2004 für die im ersten Obergeschoss des Hauses ... in ... belegenen Räume geltend gemachten Mietzinsdifferenz i.H.v. insgesamt 3.260,68 EUR.

Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass das die im ersten Obergeschoss belegenen Räume betreffende Mietverhältnis zwischen den Parteien, das entsprechend der Vereinbarung vom 24.2.2001 bis zum 31.12.2005 dauern sollte, nicht vorzeitig beendet worden ist. Das Schreiben der Klägerin vom 24.7.2003 enthält, wie das LG völlig zutreffend ausgeführt hat, keine rechtsverbindliche Willenserklärung, die den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrages zum Gegenstand hat.

Dem Vortrag der Parteien kann auch nicht entnommen werden, dass sie sich in der Folgezeit über eine vorzeitige Beendigung des Mietvertrages betreffend die Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss geeinigt hätten. Die Beklagte, die meint, weder zur Zahlung von Mietzins noch von Schadensersatz verpflichtet zu sein, trägt nicht vor, wann genau und zu welchen Bedingungen eine derartige Vereinbarung getroffen worden sein soll. Sie ist aber der Auffassung, das Vertragsverhältnis sei jedenfalls deshalb zum 31.12.2003 beendet worden, weil auch der Kläger dieser Rechtsauffassung sei. Der Kläger vertritt seinerseits die irrige Rechtsauffassung, der Abschluss des Mietvertrages mit dem neuen Mieter stelle konkludent die Annahme der Kündigung des vormaligen Mieters dar, wobei die Beklagte im Wege des Schadensersatzes zur Zahlung der Mietzinsdifferenz verpflichtet sei. Von dem Vorliegen einer stillschweigend vereinbarten Vertragsaufhebung kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn in ihrem Rahmen Fragen offen bleiben würden, welche die Vertragsparteien bei einer vorzeitigen einvernehmlichen Vertragsbeendigung vernünftigerweise regeln (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV, Rz. 286). Hierzu gehört insb. auch die hier zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte - aus welchem Rechtsgrund auch immer - zur Zahlung der Mietdifferenz, die durch die Weitervermietung zu einem geringeren Mietzins entsteht, verpflichtet sein soll. Eine vertragliche Regelung hierzu haben die Parteien unstreitig nicht getroffen. Von Gesetzes wegen wäre die Beklagte bei einer einvernehmlichen vorzeitigen Vertragsaufhebung nicht zur Zahlung der Mietzinsdifferenz verpflichtet. Eine derartige Schadensersatzpflicht käme grundsätzlich als Kündigungsfolgeschaden nur dann in Betracht, wenn der Vermieter das Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung wegen einer Pflichtverletzung des Mieters vor Ablauf der ordentlichen Mietzeit beendet hätte (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II, Rz. 820). Dies verkennt der Kläger. Der Senat ist entgegen der Auffassung der Beklagten an die rechtsirrige Rechtsauffassung des Klägers nicht gebunden. Lediglich ein zugestandener Tatsachenvortrag nicht aber die Wertung von Tatsachen entfaltet im Rahmen von § 288 ZPO Bindungswirkung (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 288 Rz. 6).

Die Beklagte kann sich ggü. dem Mietzinsanspruch des Klägers nicht darauf berufen, dass dieser wegen der bereits erfolgten Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an sie nicht mehr in der Lage sei. Hat ein Mieter - wie hier - eine grobe Vertragsverletzung begangen, indem er ohne Rücksicht auf den weiter bestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat, und hat er auf diese Weise den Vermieter veranlasst, die Mietsache zu einem niedrigeren Mietzins weiterzuvermieten, so handelt er rechtsmissbräuchlich, wenn er die Zahlung der Differenzmiete verweigern will mit der Begründung, der Vermieter sei wegen der Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an ihn nicht mehr in der Lage gewesen. Die Annahme eines solchen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens führt dazu, dass der Mieter trotz der Weitervermietung entgegen § 537 Abs. 2 BGB n.F. zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet bleibt und der Vermieter sich lediglich den Mietzins anrechnen lassen muss, den er aus der Weitervermietung erzielt, § 537 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. (BGH v. 31.3.1993 - XII ZR 198/91, MDR 1993, 641 = NJW 1993, 1645).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1422380

NJW-RR 2006, 3...

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