Entscheidungsstichwort (Thema)
erbrechtliche Streitigkeit
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 18.10.1974; Aktenzeichen 5 O 61/74) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 18. Oktober 1974 verkündete Urteil der Zivilkammer 5 des Landgerichts Berlin geändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 85.000,– DM (i.W. fünfundachtzigtausend Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 2. März 1974 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 89.000,– DM, die auch durch eine Bürgschaft der Sparkasse der Stadt Berlin West erfolgen kann, abzuwenden.
Der Klägerin wird Vollstreckungsnachlaß gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,– DM, die auch durch eine Bürgschaft der Dresdner Bank oder der Deutschen Bank oder der Berliner Bank oder der Sparkasse der Stadt Berlin West erbracht werden kann, gewährt.
Tatbestand
Die jetzt 74 Jahre alte Klägerin ist die Mutter des am 24. Januar 1973 in Berlin im Alter von 46 Jahren unverheiratet verstorbenen Klempner- und Installateurmeisters …. Der Erblasser hatte für den Unterhalt seiner Mutter gesorgt, die ihrerseits den gemeinsamen Haushalt geführt hatte. Die Beklagte hatte der Erblasser im Jahre 1948 kennengelernt; er war seither mit ihr intim befreundet. Das Wochenende verbrachte die Beklagte, die vom Erblasser Dritten gegenüber als seine Braut bezeichnet wurde, regelmäßig gemeinsam mit dem Erblasser in dessen Hause in Berlin-Lankwitz, …. Zweimal im Jahr pflegten beide gemeinsam mehrwöchige Urlaubsreisen zu unternehmen. Auch führte die Beklagte dem Erblasser dessen Haushalt, wenn die Klägerin erkrankt oder verreist war.
Der Erblasser hat durch privatschriftliches Testament vom 16. April 1968 die Klägerin zur Alleinerbin eingesetzt. Als „Ausnahme” hiervon hat er in dem Testament zugunsten der Beklagten verfügt, daß diese das Grundstück in Berlin-Lankwitz, … erhalten solle.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 29. November 1972 verkaufte der Erblasser das der Beklagten vermachte Grundstück an die … mbH in Berlin für einen Kaufpreis von 170.000,– DM, der am 22. Januar 1973 auf das Girokonto des Erblassers bei der Berliner Bank überwiesen wurde. Die Käuferin wurde nach dem Tode des Erblassers als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Der Erblasser hat folgende Nachlaßwerte hinterlassen:
Ein privates Bankkonto, das mit den Erlös aus dem Grundstücksverkauf in Höhe von 170.000,– DM am Todestage des Erblassers ein Guthaben in Höhe
auswies;
ein geschäftskonto mit einem Guthaben von |
9.088,05 |
DM; |
ein Postscheckkonto mit einem Guthaben von |
4.428,42 |
DM; |
seinen Gewerbebetrieb, den die Klägerin für |
30.000,– |
DM |
verkauft hat;
schließlich das weiter von der Klägerin genutzte Grundstück in Berlin-Lankwitz, …, dessen Verkehrswert für den Zeitpunkt des Erbfalls von der Klägerin mit |
230.000,– |
DM |
und von der Beklagten mit |
350.000,– |
DM |
angegeben wird.
Dem stehen Nachlaßverbindlichkeiten von insgesamt 15.146,24 DM gegenüber.
Anfang April 1973 zahlte die Klägerin an die Beklagte in der Annahme, hierzu nach dem Testament des Sohnes verpflichtet zu sein, den Betrag von 170.000,– DM. Erst hiernach erfuhr sie, daß ihr Sohn der Vater eines nichtehelichen Kindes, das am 22. März 1953 geborenen … ist. Dieser macht gegen sie den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des Nachlaßwertes geltend.
Mit der beim Landgericht Berlin am 1. März 1974 erhobenen Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Zurückzahlung der geleisteten 170.000,– DM verlangt. Sie hat geltend gemacht, der Beklagten sei durch das Testament des Sohnes der für das Grundstück in Berlin-Lankwitz, … erzielte Verkaufserlös nicht vermacht worden. Ein etwa dahin gehender Wille des Erblassers habe in dem Testament keinen Niederschlag gefunden, so daß für eine ergänzende Testamentsauslegung kein Raum sei. Jedenfalls sei eine testamentarische Zuwendung an die Beklagte in Höhe von 170.000,– DM wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Die Beziehungen des Erblassers zur Beklagten hätten, so hat die Klägerin in diesem Zusammenhange behauptet, ausschließlich auf sexuellem Gebiet gelegen. Die Sittenwidrigkeit einer solchen Verfügung ergebe sich jedenfalls daraus, daß sie dann schlechter gestellt wäre als die Beklagte. Bei einem Nachlaßwert von 515.244,88 DM müsse sie, so hat die Klägerin errechnet, an das pflichtteilsberechtigte Kind 257.622,44 DM zahlen. Rechne man den Betrag von 170.000,– DM hinzu, so ergäbe sich eine Gesamtbelastung von 427.622,44 DM, so daß für sie vom Nachlaß lediglich ein Betrag von rund 88.000,– DM übrig bleibe. Die Belastung mit einem Vermächtnis von 170.000,– DM sei für sie, die Klägerin, um so weniger tragbar, als sie den Pflichtteilsanspruch dann nur erfüllen könnte, wenn sie das Grundstück … das ihre Lebensgrundlage darstelle, ve...