Leitsatz (amtlich)
Zur Kündigung des Vermieters wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB), wenn die Mieträume nicht wie vorgesehen als Spielhalle genutzt werden können und die vertragliche Übertragung des Konzessionsrisikos auf den Mieter unwirksam ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 16.08.2013; Aktenzeichen 12 O 463/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.8.2013 verkündete Urteil des LG Berlin - 12 O 463/12 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.572,63 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins von 6.028,70 EUR seit dem 12.8.2012, von jeweils 1.045,75 EUR seit dem 5.8.2012, dem 6.9.2012, dem 5.10.2012, dem 6.11.2012, dem 6.12.2012, dem 5.1.2013, dem 6.2.2013, dem 6.3.2013, dem 5.4.2013, dem 7.5.2013, dem 6.6.2013, dem 5.7.2013, dem 6.8.2013, dem 5.9.2013, dem 5.10.2013, dem 6.11.2013, dem 5.12.2013, dem 7.1.2014 und dem 6.2.2014 sowie von 674,68 EUR seit dem 6.3.2014 zu zahlen und den Kläger von außergerichtlichen Kosten der Inanspruchnahme der Rechtsanwälte B. i.H.v. 1.085,04 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger wird verurteilt an den Beklagten 1.440 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.6.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 42 % und der Beklagte 58 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 30 % und der Beklagte 70 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger vermietete an den Beklagten zum 15.5.2010 Räume in der P.Straße, Berlin - ..., zum Betrieb einer gewerblichen Spielothek/Sportsbar zu einer monatlichen Nettokaltmiete von 1.600 EUR (ab April 2011: 1.700 EUR) zzgl. 100 EUR Betriebskostenvorauszahlung. Das Bezirksamt sprach mit Bescheid vom 22.6.2010 eine vorläufige Untersagung der Umnutzung in eine Spielhalle aus und wies mit Bescheid vom 4.4.2011 den Antrag auf Erlaubnis zum Betreiben einer Spielhalle zurück. Der Beklagte erbrachte ab Mai 2011 keine Mietzahlungen mehr. Der Kläger erklärte am 17.2.2012 die fristlose Kündigung des Mietvertrages. Mit dem angefochtenen Urteil ist die Klage auf Räumung, Zahlung von Miete und fortlaufende Nutzungsentschädigung sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen und der Widerklage auf Rückzahlung der geleisteten Mietzahlungen stattgegeben worden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter und macht geltend:
Das LG habe fälschlich angenommen, der Kläger habe einer Untervermietung zu einem ordnungsrechtlich erlaubten Zweck nicht zugestimmt, denn der Beklagte habe ausweislich seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 5.7.2013 lediglich einen Nachmieter angeboten. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Vermietung von einer Genehmigungspraxis des Bezirksamtes für die streitgegenständliche Straße Kenntnis gehabt habe, werde vom Beklagten nicht vorgetragen. Tatsächlich hätten beide Parteien den gleichen Informationsstand gehabt. Es sei erstinstanzlich unstreitig geblieben, dass der Kläger die unter § 2 Abs. 3 des Mietvertrages geregelte Risikoverteilung zur Frage der Erteilung einer behördlichen Konzession bereits bei Abschluss eines identischen Mietvertrages vom 1.3.2010 mit Herrn Y.durchgesprochen hatte und dass Herr Y.mit dem Ausbau als Spielothek begann, sodann aber unter Hinweis auf Liquiditätsschwierigkeiten darum bat, den Beklagten an seiner Stelle in den Mietvertrag aufzunehmen, für diesen bürgte und ihm das Geschäft verkaufte. Herr Y.und andere seien, wie der Kläger bei seiner Anhörung vor dem LG unbestritten erklärt habe, auf ihn mit dem Anliegen zugekommen, sie wollten versuchen eine Spielhalle in die Räumlichkeiten zu bekommen. Das LG habe es nicht für nötig erachtet zu prüfen, ob vor diesem Hintergrund noch gesonderte Informationspflichten des Klägers gegenüber dem Beklagten angenommen werden können. Es sei lebensfremd anzunehmen, Herr Y.habe den Beklagten nicht bereits über die Konzessionsproblematik aufgeklärt.
Aus der Aussage der Zeugin S., die der Vorderrichter als widerspruchsfrei und damit glaubhaft eingestuft habe, ergebe sich, dass die Regelung unter § 2 Abs. 3 des Mietvertrages individuell vereinbart worden sei. Nach dem Inhalt dieser Regelung sei auch nicht erkennbar, weshalb zur Konzessionsproblematik der Kläger eher gehalten gewesen wäre nähere behördliche Erläuterungen einzuholen als der Be...