Normenkette
StVO § 8 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 547/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.2.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin – 24 O 547/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist erfolglos. Das angefochtene Urteil des LG ist richtig, und das Berufungsvorbringen der Parteien gibt keine Veranlassung, die Sache anders zu beurteilen: Die Beklagten müssen für den Unfallschaden des Klägers an seinem Mitsubishi vom 11.10.1999 auch nicht teilweise einstehen, denn der Kläger hat weder den Anschein erschüttert, der gegen ihn spricht, weil sich der Unfall bei ihrer Einfahrt in den vorfahrtsberechtigten S.-Damm ereignet hat, noch hat er ein Mitverschulden der Beklagten am Unfall dargelegt und bewiesen.
A. Die Berufung ist nach §§ 519b Abs. 1, 519 Abs. 3 ZPO unzulässig, soweit der Kläger mit der Berufung weiterhin den Beklagten zu 2) als Fahrer des Opels in Anspruch nimmt, denn insoweit hat sie der Kläger nicht begründet.
Das LG hat – zutreffend – im angefochtenen Urteil ausgeführt, der Beklagte zu 2) sei als Beamter im Außenverhältnis durch das Haftungsprivileg nach § 839 BGB, 34 GG geschützt. In seiner Berufungsbegründung hat der Kläger nicht dargelegt, warum er dies für unzutreffend hält. Damit fehlt der Berufung insoweit die erforderliche Begründung mit der Folge, dass sie unzulässig ist.
B. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, denn das LG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, der Beklagte zu 2) müsse für die Unfallschäden des Klägers nicht einstehen.
I. Die zutreffend auf S. 4 der Urteilsgründe dargestellten Grundsätze für die Haftungsverteilung gelten auch, wenn das Land B. im Wege der Amtshaftung nach §§ 823 Abs. 1, 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG, § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 PflVersG für Schäden in Anspruch genommen wird, die ein Amtsträger in Ausübung seines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes einen Dritten zugefügt hat (vgl. KG v. 8.6.2001 – 12 U 7095/99, KGReport Berlin 2001, 123).
II. Ihre Anwendung führt zur Alleinhaftung des Klägers.
1. Den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis als Wartepflichtiger hat der Kläger nicht erschüttert.
Unstreitig ist der Kläger aus dem nachrangigen R.-weg in den vorfahrtberechtigten S.-Damm eingefahren; bei diesem Vorgang hat sich der Unfall ereignet. Dies spricht in haftungsbegründender Weise dafür, dass er seiner Warte- und Sorgfaltspflicht nach § 8 StVO nicht hinreichend nachgekommen ist. Insoweit ist den Ausführungen des LG auf S. 5 des Urteils nichts hinzuzufügen.
Welche Vorkehrungen der Kläger getroffen hat, um beim Einfahren in den S.-Damm und insb. bei der Einfahrt in dessen linken Fahrstreifen einen Zusammenstoß mit den dortigen vorfahrtberechtigten Fahrzeugen zu verhindern, hat er weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz konkret dargelegt. Für seine allgemeine Behauptung, beim Hereintasten in den linken Fahrstreifen, also beim zentimeterweisen Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit, sofort anzuhalten (vgl. dazu KG v. 17.1.2000 – 12 U 6678/98, KGReport Berlin 2000, 135 = VerkMitt 2000, 67 Nr. 77 = DAR 2000, 260 = NZV 2000, 377), sei für ihn das Beklagtenfahrzeug nicht sichtbar gewesen (Bl. 2 d.A.), hat er zudem keinen Beweis angeboten. Der Hinweis des Klägers in der Berufungsinstanz, die Annahme eines Vorfahrtverstoßes sei angesichts des „Durchtastens” in den dritten Fahrstreifen links des S.-Dammes nicht „sachgerecht” (Bl. 76 d.A.), verkennt die Reichweite der Vorfahrtsregelung nach § 8 Abs. 2 S. 3 StVO – an den Verpflichtungen des einfahrenden Wartepflichtigen ändert sich nichts dadurch, dass er mehrere Fahrstreifen überquert.
2. Ein haftungsbegründendes Mitverschulden des Beklagten zu 2) am Unfall hat der Kläger nicht dargelegt und bewiesen.
a) Aus seinem Vorbringen ergibt sich nicht, dass der Beklagte zu 2) den linken Fahrstreifen des S.-Damms unter Verstoß gegen die in der sog. „Lückenrechtsprechung” zusammengefassten Pflichten befahren und dadurch den Unfall mit verursacht hat.
(1) Nach dieser Rspr. muss ein Kraftfahrer, der bei dichtem Verkehr eine Kolonne stehender oder langsam fahrender Fahrzeuge links oder rechts überholt, sich unter Umständen auf Querverkehr aus freigelassenen und für ihn erkennbaren größeren Lücken vor Einmündungen oder Kreuzungen einrichten. Er muss es insb. Verkehrsteilnehmern im Querverkehr ermöglichen, aus der freigehaltenen Lücke heraus bis zur Erlangung freier Sicht auf den vor der haltenden Kolonne nicht besetzten Straßenraum herauszufahren. Dazu muss er entweder in ausreichendem Sicherheitsabstand an der Kolonne vorbeifahren oder eine so geringe Geschwindigkeit einhalten, dass er notfalls vor einem aus der Lücke herausfahrenden Verkehrsteilnehmer anhalten kann (vgl. KG v. 12.3.2001 – 12 U 9790/99, KGReport Berlin 2001, 176 = VerkMitt 2001, 82 Nr. 81 = DAR 2001, 399; auch Urt. v. 22.10.2001 – 12 U 2346/00, KGReport Berlin 2002, 351; v. 22.7.2002 – 12 U 9728/00, KGReport Berlin 2003, 20; Hentschel, S...