Leitsatz (amtlich)
I. Ein Geschäftsführer darf Gewinnchancen nicht für sich, sondern nur für die Gesellschaft ausnutzen.
II. Wenn sich eine mehreren Gesellschaften verpflichtete Person dazu entscheidet, einer von ihnen einen Vorteil zuzuwenden, darf er ihr diesen später nicht nehmen.
III. Ein ehemaliger Geschäftsführer darf eine Geschäftschance nicht nutzen, die er noch als Geschäftsführer für die Gesellschaft hätte nutzen müssen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen 91 O 35/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.3.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 91 O 35/08 - teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 219.400 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27.10.2007 zu zahlen.
Im Übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten haben die Klägerin 75 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 15 % und die Beklagte zu 2) weitere 10 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) hat die Klägerin 2/3, von denen der Beklagten zu 2) 1/3 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten als Gesamtschuldner 15 % und die Beklagte zu 2) weitere 10 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags zzgl. 10 % leisten. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags zzgl. 10 % leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadenersatz, hilfsweise Vergütung für geleistete Dienste. Das LG Berlin hat die Klagen sowie eine hilfsweise erhobene Widerklage der Beklagten zu 2) auf Zahlung von Schadenersatz mit Urteil 19.3.2009 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 ZPO verwiesen. Das LG konnte nicht erkennen, dass der Beklagte zu 1) Geschäftsführerpflichten verletzte.
Er sei nach einer Gesamtbetrachtung vielmehr berechtigt gewesen, den Verkauf der Immobilienportfolios ". I" und ". II" über die Beklagte zu 2) "abzuwickeln". Da ein pflichtwidriges Verhalten nicht feststellbar sei, schieden auch Ansprüche nach § 826 BGB oder §§ 61 Abs. 1, 113 HGB analog oder § 88 Abs. 2 AktG analog aus. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Vergütung sei nicht nachvollziehbar berechnet. Die Hilfswiderklage sei jedenfalls der Höhe nach nicht substantiiert.
Gegen das ihr am 23.3.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.4.2009 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.6.2009 mit am 25.6.2009 eingegangenem Schriftsatz begründet. Das Gericht hat den Beklagten aufgegeben, auf die Berufung bis zum 21.9.2009 zu erwidern. Am 21.9.2009 hat die Beklagte zu 2) Anschlussberufung eingelegt, die der Klägerin am 15.7.2009 zustellt worden ist.
Der Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Sie beantragt,
1) unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 19.3.2009 - 91 O 35/08 - die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 619.400 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27.10.2007 zu zahlen, hilfsweise für den Fall der Abweisung des zu Ziff. 1) gestellten Antrags,
2) unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 19.3.2009 - 91 O 35/08 - die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 74.953 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.7.2007 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 2) beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 19.3.2009 - 91 O 35/08 - die Klägerin zu verurteilen, an sie 222.829,38 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2009 zu zahlen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akten verwiesen.
B. Die statthafte und zulässige Berufung gegen den Beklagten zu 1) ist nach ihrem Hauptantrag teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Schadenersatz aus § 43 Abs. 2 GmbHG i.H.v. 219.400 EUR (I.). Weitere Ansprüche sind hingegen nicht erkennbar (II. und III.).
I.1. Der Beklagte zu 1) handelte pflichtwidrig i.S.d. § 43 Abs. 2 GmbHG, indem er Geschäftschancen der Klägerin vereitelte. Nach § 43 Abs. 1 GmbHG hat ein Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu wahren und in diesem Rahmen die Pflicht, in allen Angelegenheiten, die das Intere...