Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 364/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. Juni 2015 verkündete Zwischenurteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin - 9 O 364/14 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass es sich bei der mit Schreiben der Beklagten vom 13. Januar 2014 ausgesprochenen Kündigung des Vertrages vom 13./14. Mai 2013 um eine sogenannte "freie Kündigung" handelt.
Die Feststellungswiderklage der Beklagten vom 16. April 2015 wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte eine restliche Werklohnforderung und eine sogenannte Kündigungsvergütung für nicht erbrachte Leistungen nach § 649 Satz 2 und 3 BGB aus einem VOB-Werkvertrag vom 13./14. Mai 2013 (Anlage K 1) geltend, den die Beklagte mit Schreiben vom 13. Januar 2014 (Anlage K 13) "mit sofortiger Wirkung" wegen nicht genehmigten Nachunternehmereinsatzes gekündigt hat. Die Beklagte rechnet unter anderem mit kündigungsbedingten Fertigstellungsmehrkosten auf. Die Parteien streiten hier zunächst nur darum, ob die Beklagte zu einer "außerordentlichen" Kündigung berechtigt war oder ob es sich um eine "freie" Kündigung handelte.
Das Landgericht hat ausweislich des Tenors des Zwischenurteils vom 4. Juni 2015 auf die Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten vom 16. April 2015 (Bd. II/Bl. 83) festgestellt, dass es sich bei der mit dem Schreiben der Beklagten vom 13. Januar 2014 ausgesprochenen Kündigung des Vertrages vom 13./14. Mai 2013 um eine "außerordentliche berechtigte Kündigung" handele. Ferner hat das Landgericht in den Entscheidungsgründen festgestellt, dass der Vertrag durch die am 13. Januar 2014 erklärte Kündigung beendet wurde und die Parteien nur über die Berechtigung zur fristlosen Kündigung streiten. Im Termin am 16. April 2015 hat das Landgericht zudem die Auffassung vertreten, dass die der Klageforderung zugrundliegende Schlussrechnung der Klägerin prüfbar sei. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge einschließlich des Antrags der Klägerin auf Zwischenfeststellungsklage und der Beklagten auf Zwischenfeststellungswiderklage (jeweils Bd. II/Bl. 83) und der Entscheidungsgründe wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Mit der Berufung greift die Klägerin die erstinstanzliche Entscheidung an und begehrt in erster Linie die Feststellung, dass es sich um eine "freie" Kündigung handelt. Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin insbesondere vor:
Das Landgericht habe die vertraglichen Vereinbarungen fehlerhaft ausgelegt, den Inhalt der sich aus § 4 Abs. 8 VOB/B ergebenden Verpflichtungen verkannt und den Sinn und Zweck des Erfordernisses der Leistungsaufforderung und Abmahnung nach § 314 Abs. 2 BGB fehlerhaft interpretiert. Außerdem habe das Landgericht die Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung eines Werkvertrages generell verkannt.
Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die von der Beklagten erteilte Zustimmung zum Einsatz von Nachunternehmern leistungsbezogen und nicht personenbezogen gewesen sei. Außerdem habe es verkannt, dass die B..., die unstreitig ungenehmigt eine weitere Nachunternehmerin eingesetzt habe, von ihr, der Klägerin, zur Erfüllung der Verpflichtung zur Herstellung eines mangelfreien Werkes gegenüber der Beklagten eingesetzt worden sei, nicht jedoch zur Erfüllung der Verpflichtung, ihre Nachunternehmer dahingehend zu kontrollieren, dass diese nicht ungenehmigt weitere Nachunternehmer einsetzen. Als Anstalt des öffentlichen Rechts sei die Beklagte nicht schutzbedürftiger als andere Bauherren. Das Landgericht werfe ihr, der Klägerin, deshalb zu Unrecht ein gravierendes Organisationsverschulden vor. Außerdem habe es unstreitigen Sachvortrag der Parteien und die materielle Rechtslage verkannt. Mit der zentralen Bauüberwachung sei von der Beklagten ein anderes Unternehmen beauftragt gewesen, das auch die Baustellenausweise ausgestellt und die Zugänge kontrolliert habe. Sie, die Klägerin, habe mit ihren Nachunternehmern ebenfalls die Einbeziehung der VOB/B vereinbart und Nachunternehmereinsätze unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt. Außerdem habe sie sich von ihren Nachunternehmern, auch von der B..., Listen mit den einzusetzenden Arbeitnehmern und deren sozialversicherungsrechtliche Anmeldung vorlegen lassen. Über diese Möglichkeiten hinaus lasse sich faktisch nicht verhindern, dass ein Nachunternehmer die Arbeitnehmer eines weiteren Nachunternehmers gegenüber dem Generalunternehmer als seine eigenen ausgebe. Die Ansicht des Landgerichts, dass eine Aufforderung zur Leistungserbringung im eigenen Betrieb durch die Beklagte nicht erforderlich gewesen sei, sei rechtsirrig. Das Landgericht habe wiederum verkannt, dass Anknüpfungspunkt nach der VOB/B nur die Nichtausführung der Arbeiten im eigenen Betrieb sei, nicht jedoch eine ungenehmigte Nachunternehmerbeauftragung. Die §§ 4 Abs. 7, 5 Abs. 4, 8 Abs. 3 VOB/B stellten abschließende Reg...