Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 13.06.2006; Aktenzeichen 22 O 346/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.6.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 22 O 346/05 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung einschließlich derer der Rechtsbeschwerde zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die gem. § 511 ZPO statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und - nach dem Wiedereinsetzung gewährenden Beschluss des BGH vom 26.5.2008 - fristgerecht i.S.d. §§ 517, 519, 520, 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt und begründet worden.
In der Sache erweist sie sich als unbegründet. Das LG hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 826 BGB zu Recht bejaht. Denn die Beklagte hat der Klägerin bei Abschluss der Reservierungsvereinbarung am 21.4.2004 eine sich nach ihren Angaben zu diesem Zeitpunkt bereits abzeichnende Zahlungsunfähigkeit der P. GmbH spätestens im Mai 2004 verschwiegen.
Eine Verpflichtung zur Offenbarung der Vermögenslage bei Verhandlungen über Abschluss oder Fortführung von Verträgen besteht dann, wenn dem Vertragspartner unbekannte Umstände vorliegen, die ihm nach Treu und Glauben aber bekannt sein müssen, weil sein Verhalten bei den Vertragsverhandlungen und die von ihm zu treffenden Entscheidungen davon wesentlich beeinflusst werden (vgl. BGH WM 1991, 1548 = NJW-RR 1991, 1312; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., Rz. 20 zu § 826). Sie ist für den Fall angenommen worden, dass der Verhandelnde weiß oder wissen muss, dass er zur Erfüllung der begründeten Verbindlichkeiten z.B. bei Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage ist (vgl. BGHZ 87, 27, 34). Ist der Vertragspartner eine GmbH, also eine Kapitalgesellschaft, wird es als ausreichend angesehen, wenn die Durchführbarkeit des Vertrages bei Vorleistungspflicht des Vertragspartners durch Überschuldung der Gesellschaft von vornherein schwerwiegend gefährdet ist oder die schlechte wirtschaftliche Lage zur Vereitelung des Vertragszwecks geeignet ist, insbesondere bei Inanspruchnahme von Geld- oder Warenkredit mit Rücksicht auf die bestehende Überschuldung zu erwarten ist, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung zahlungsunfähig sein wird (vgl. BGH WM 1991, 1548 = NJW-RR 1991, 1312). Die einer GmbH obliegende Offenbarungspflicht hat ihr Geschäftsführer als ihr vertretungsberechtigtes Organ zu erfüllen. Verletzt er diese Pflicht, haftet er grundsätzlich wegen sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB. Dabei genügt es bereits, wenn der Geschäftsführer die für die künftige Nichterfüllung maßgebenden Tatsachen kannte und nur mit der Möglichkeit eines Schadens rechnete, also bedingt vorsätzlich handelte (vgl. BGH NJW 1984, 2284).
Hiervon ist auszugehen. Es kann dabei dahinstehen, ob die P. GmbH, wie die Beklagte vorträgt, bis April 2004 einen Nettoumsatz vom 50.000 EUR gehabt hat. Denn die Beklagte trägt nicht vor, wie hoch der hieraus verbleibende, für die Begleichung von Gesellschaftsschulden zur Verfügung stehende Gewinn war. Auch kann davon ausgegangen werden, dass, wie die Beklagte weiter vorträgt, den Verbindlichkeiten bis Ende April 2004 i.H.v. 5.850 EUR Forderungen i.H.v. 6.048 EUR gegenüberstanden und bis Mitte Mai alle eingegangenen Rechnungen bezahlt werden konnten, auch wenn dies in gewissem Widerspruch zu der Angabe ggü. dem Insolvenzgericht steht, sie habe bereits seit September 2003 keine Bezüge, die sich auf lediglich 400 EUR belaufen hätten, mehr erhalten. Jedenfalls für den Zeitraum ab Mitte Mai 2004 zeichnete sich eine Zahlungsunfähigkeit der P. GmbH bereits im April 2004 ab. Nach dem Vortrag der Beklagten seien die ggü. dem Insolvenzgericht per 17.6.2004 angegebenen Forderungen i.H.v. 19.654,10 EUR erst in der zweiten Maihälfte fällig geworden. Diesen hätten nach der Aufstellung der Beklagten auf S. 7 des Schriftsatzes 7.12.2005 aus von ihr stornierten Aufträgen bis Ende Mai 2004 Forderungen i.H.v. 5.901 EUR gegenüber gestanden. Dies ergibt eine Differenz von 13.753,10 EUR. Tatsächlich war sie noch weit höher. Denn aus der Aufstellung der Beklagten ergibt sich bis Ende Mai 2004 lediglich eine Forderung i.H.v. 1.600 EUR. Davon, dass aus den behaupteten weiteren Aufträgen für Herbst 2004 mit einem Umsatzvolumen von 81.400 EUR Mittel zur Tilgung der Verbindlichkeiten fließen würden, konnte die Beklagte nicht ausgehen, weil diese Aufträge völlig unsicher waren, wie deren angebliche Stornierung Mitte Mai 2004 zeigt. Die Anzahlungen hierauf sollten nach dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 19.7.2006 auch erst ab dem 8.7.2004 fällig werden. Dementsprechend hat die Beklagte Anzahlungen auf diese Buchungen auch nicht in der von ihr vorgelegten, im Juli 2006 erstellten "Liquiditätsvorschau ab Mitte Mai 2004, Wissensstand April 2004" eingestellt.
Diese "Liquiditätsvorschau" belegt die Kenntnis der Beklagten von einer spätestens im Mai 2004 eintretenden Übers...