Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Pflicht zur Information des Mandanten über Verfahrenskosten
Leitsatz (amtlich)
Es besteht keine allgemeine Pflicht des Rechtsanwalts, seinen Mandanten über die Höhe der mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten und Gebühren zu informieren.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 05.07.2002; Aktenzeichen 26 O 546/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.7.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 26 des LG Berlin – 26 O 546/01 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§540 Abs. 2, 313 a ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
I. Auf das streitige Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1.1.2002 geltenden Vorschriften des BGB anzuwenden. Die zitierten Vorschriften des BGB beziehen sich daher auf das bis zum 31.12.2001 geltende Recht.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Das LG hat der Klage auf Erstattung der Gebühren für den Verkehrsanwalt zu Unrecht stattgegeben; denn die Beklagte hat sich insoweit keiner zum Schadenersatz verpflichtenden Verletzung das Mandatsvertrages schuldig gemacht.
1. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH ist der Rechtsanwalt zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte zu empfehlen, die seinen Interessen dienen. Dazu hat er dem Auftraggeber den relativ sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH v. 16.5.1991 – IX ZR 131/90, NJW 1991, 2079).
Diese Rechtsgrundsätze, die auch der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechen, gelten im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des LG nicht uneingeschränkt. Sie beziehen sich vorrangig auf die Pflicht des Anwalts zur Beratung in der Sache, nicht jedoch auf die Verpflichtung zu Hinweisen auf die mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten und Gebühren. Es besteht keine allgemeine Pflicht des Anwalts, seinen Mandanten über die Höhe der Kosten zu belehren. Nur wenn sich der Mandant darüber für den Anwalt erkennbar falsche Vorstellungen macht oder deutlich wird, dass er wegen einer bestehenden Rechtsschutzversicherung von der Kostentragungspflicht befreit werden möchte, hat der Anwalt auch darüber zu belehren, ob und in welchem Umfang der Mandant möglicherweise mit den Kosten der Rechtsverfolgung belastet werden könnte (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2000, 1650; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 276 Rz. 45).
2. Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Ausnahmetatbestand hier vorliegt, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat weder in erster Instanz noch mit der Berufungserwiderung konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, warum er ein besonderes Interesse an der Aufklärung über den Anfall der Gebühren nach § 52 BRAGO gehabt haben könnte. Unstreitig hat die Beklagte ihn darüber aufgeklärt, dass sie nicht beim OLG Brandenburg zugelassen ist und deshalb ein weiterer Anwalt eingeschaltet werden müsse. Dass damit zusätzliche Gebühren verbunden sind, konnte den Kläger nicht überraschen. Er hat dies auch akzeptiert, indem er sowohl die Rechnung der Beklagten vom 9.8.1999 als auch die Kostenvorschussanforderung der beim OLG Brandenburg zugelassenen Anwälte bezahlt hat.
Wenn der Kläger entsprechend seinem Vortrag in der Berufungserwiderung kein besonderes Interesse an der Betreuung durch die Beklagte gehabt und deshalb die zugelassenen Anwälte direkt beauftragt hätte, hätte es nahe gelegen, dass er sich von der Beklagten zunächst über den Anfall der Gebühren informieren lässt, nachdem sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie nicht beim OLG Brandenburg zugelassen ist. Ohne eine entsprechende Nachfrage konnte und musste die Beklagte den Kläger über den Umfang der Gebühren nicht informieren, weil für sie nicht ersichtlich war, dass der Kläger ein besonderes Interesse an der Aufklärung über die Gebühren gehabt hat.
III. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1130601 |
AGS 2004, 263 |
RVGreport 2004, 182 |
KG-Report 2004, 230 |
NJOZ 2004, 738 |
www.judicialis.de 2003 |