Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof (Entscheidung vom 20.01.1997; Aktenzeichen 169 F 12526/96) |
Tenor
1.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 20. Januar 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof - Kreuzberg - 169 F 12526/96 - aufgehoben und die Unterhaltssache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
2.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Amtsgericht vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist aus der Ehe seiner deutschen Mutter mit. dem tunesischen Beklagten hervorgegangen. Die Eltern leben seit dem 4. Juli 1995 getrennt. Der Kläger befinden sich seither in der Obhut seiner Mutter. Dieser ist durch Beschluß des Amtsgerichts Tempelhof - Kreuzberg vom 10. Januar 1996 (169 F 9455/95) die alleinige elterliche Sorge für den Kläger übertragen worden.
Durch Verfügung vom 16. November 1995 hat das Amtsgericht Charlottenburg - Vormundschaftsgericht - gemäß § 1690 BGB dem Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin - Jugendamt - die Geltendmachung der Unterhaltsansprüche des Klägers übertragen (50 IX A 4143).
Mit der bei Gericht am 7. Juni 1996 eingegangenen Klage macht der Kläger, vertreten durch das genannte Jugendamt, gegen den Beklagten für die Zeit ab 27. Dezember 1995 Unterhalt in Höhe des für nichteheliche Kinder festgesetzten Regelbedarfs geltend.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält sich für leistungsunfähig.
Das Amtsgericht hat durch das am 20. Januar 1997 verkündetes Urteil die Klage als unzulässig abgewiesen, weil auf Grund der Regelung in § 1629 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BGB der Kläger seine Unterhaltsansprüche nicht selbst geltend machen könne. Die Regelung, daß im Falle des Getrenntlebens der Eltern das minderjährige Kind seine Unterhaltsansprüche nicht im eigenen Namen gegen den anderen Elternteil verfolgen könne, gelte auch für den hier gegebenen Fall der Bestellung eines Beistandes nach § 1690 BGB. Die Unterhaltsansprüche des Klägers könne aufgrund der in § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB angeordneten gesetzlichen Prozeßstandschaft nur seine Mutter im eigenen Namen gegen den Beklagten gerichtlich durchsetzen.
Dieses Urteil ist dem Jugendamt für den Bezirk Wilmersdorf von Berlin am 20. Februar 1997 zugestellt worden. Mit bei dem Kammergericht am 14. März 1997 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger beantragt, ihm für eine Berufung gegen das Urteil Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und ihm seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten beizuordnen. Diesen Anträgen hat der Senat durch Beschluß vom 21. Mai 1997 entsprochen, der dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 25. Juni 1997 bekanntgegeben worden ist. Hierauf hat der Kläger mit bei dem Kammergericht am 27. Juni 1997 eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihn in den Stand vor Versäumung der Berufungsfrist wieder einzusetzen; zugleich hat er gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt und diese begründet.
Der Kläger, der nach der Berufungsbegründung seine im ersten Rechtszug geltend gemachten Unterhaltsansprüche in vollem Umfang weiter verfolgt, beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält sich weiterhin für leistungsunfähig.
Entscheidungsgründe
Auf die zulässige Berufung ist nach § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO das angefochtene Urteil aufzuheben und die Unterhaltssache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, weil eine weitere Verhandlung über die Sache im ersten Rechtszug erforderlich ist.
1.
Die Berufung ist zulässig. Zwar ist die Frist des § 516 ZPO von einem Monat zur Einlegung der Berufung mit dem 20. März 1997 abgelaufen ohne daß bis dahin der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt hat. Indessen wird der Kläger nach § 233 ZPO in den Stand vor Versäumung dieser Frist wiedereingesetzt, denn er war infolge seiner Mittellosigkeit schuldlos daran gehindert, einen bei dem Kammergericht zugelassenen Rechtsanwalt mit seiner nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO notwendigen Vertretung zu beauftragen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl. § 233 Rn. 23 Stichwort: Prozeßkostenhilfe mit Rechtsprechungsnachweisen). Der Kläger hat am 14. März 1997 vor Ablauf der Berufungsfrist rechtzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt. Die Vorlage eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2, 4 ZPO war schon deshalb nicht erforderlich, weil nach § 1 Nr. 2 der VO zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozeßkostenhilfe das minderjährige unverheiratete Kind vom Vordruckzwang befreit ist, wenn es, wie hier, Unterhaltsansprüche geltend machen will. Es ist ausreichend, daß der Kläger vor Ablauf der Berufungsfrist zur Begründung seines Prozeßkostenhilfeantrages erklärt hat, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich gegenüber den Angaben zur Erlangung von Prozeßkostenhilfe im ersten Rechtszug nicht geändert (BG...