Leitsatz (amtlich)

1. Führt die Bank nach ihrer eigenen Aufrechnungserklärung mit dem vollständigen Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers anschließend die auf den Nutzungsersatzanspruch entfallende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an das Finanzamt ab, kann sie vom Darlehensnehmer nach § 426 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 BGB den vollen Ausgleich verlangen, da der Darlehensnehmer als Steuerschuldner im Verhältnis zur Bank als bloßer Entrichtungsschuldnerin die Steuer alleine zu tragen hat.

2. Führt die Bank die Steuer nicht ab, so steht ihr (jedenfalls) vor der Inanspruchnahme durch das Finanzamt kein fälliger Freistellungsanspruch gegen ihren Kunden zu, den sie zum Gegenstand einer Feststellungsklage machen könnte.

3. Der Darlehensnehmer kann gegenüber seiner Hausbank die von dieser konkret dargelegte Weiterleitung seiner Zahlungen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nicht mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestreiten.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.02.2019; Aktenzeichen 4 O 43/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das am 22.02.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin -4 O 43/18- wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage werden die Kläger verurteilt, als Gesamtschuldner an die Beklagte

1. 41,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2019,

2. 90,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2019,

3. 1.876,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5,5 % vom 03.03.2017 bis 30.09.2023 sowie von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, maximal jedoch von 5,5 % ab dem 01.10.2023 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen je zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten nach Widerrufserklärungen der Kläger und am 02.03.2017 erbrachten Schlusszahlungen mit Klage und Widerklage über das Bestehen restlicher Ansprüche aus den Rückabwicklungsverhältnissen für die Darlehen -836 und -844 (KfW-Darlehen) und einen Anspruch der Kläger auf Löschung der Buchgrundschuld in Höhe restlicher 20.400,00 EUR. Das Landgericht hat der Rückzahlungsklage über ursprünglich 16.263,45 EUR in Höhe von 2.232,46 EUR stattgegeben und diesen Betrag wie folgt ermittelt:

7.097,39 EUR (gezahlter Nutzungswertersatz nach Widerruf für -836, B 3)

./. 2.860,08 EUR (begründeter Nutzungswertersatz gem. LGU S. 6)

4.237,31 EUR Überzahlung

./. 1.008,93 EUR am 14.03.2017 von der Beklagten abgeführte Steuer für -836

3.228,38 EUR

./. 995,92 EUR Restforderung f. KfW-Darlehen -844 zugunsten der Beklagten

2.232,46 EUR

Ferner hat es die Beklagte zur Löschungsbewilligung verurteilt und die Widerklage auf Zahlung weiterer 41,34 EUR für das Darlehen -836 (s. B 13) und von 1.490,31 EUR für das Darlehen -844 (s. B 14) abgewiesen. Wegen der erstinstanzlichen Anträge und der tatsächlichen Feststellungen wird auf das von den Klägern teilweise und von der Beklagten - unter Erweiterung des Widerklageantrags - in vollem Umfang angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:

1) Zu Recht habe das Landgericht dem Urteil die Anlagen B 13 und 14 in Bezug auf die Rückabwicklungssalden per Widerruf (somit Restforderungen der Beklagten per 31.08.2015 für -836 von 106.488,44 EUR und für -844 von 29.939,46 EUR) zugrunde gelegt.

Unzutreffend habe es sodann jedoch ab Widerruf einen Anspruch der Beklagten nur auf Herausgabe eines bei Widerruf im August 2015 vermeintlich marktüblichen Zinses von 2,21 % p.a. angesetzt und dadurch eine Überzahlung durch die Kläger ermittelt und die Widerklage auf restliche Zahlung abgewiesen.

Das Landgericht habe einen marktüblichen Zins von 2,21 % per August 2015 schon nicht tatsächlich festgestellt. Darauf komme es jedoch nicht an, da nach § 346 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 BGB der Darlehensnehmer auch für den Zeitraum nach Widerruf Nutzungswertersatz in Höhe des anfänglich vereinbarten Vertragszinses schulde. Dies entspreche dem Wortlaut von § 346 BGB und der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Für eine Differenzierung zwischen dem Zeitraum vor und nach Widerruf fehle ein Grund.

2) Der Beklagten stehe ein nunmehr mit der Berufungsbegründungsschrift geltend gemachter Anspruch auf Erstattung von Notarkosten in Höhe von 90,92 EUR für die erfolgte teilweise Freigabe der Grundschuld zu. Der Anspruch ergebe sich aus Ziff. 7 der Zweckerklärung für Grundschulden (Anl. B 2) i.V.m. Nr. 17 Abs. 3 der AGB (Anl. B 1) und als gesetzlicher Anspruch aus §§ 1192...

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