Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine internationale Zuständigkeit des LG Berlin für eine Vertragsstrafenklage gegen eine in den Niederlanden geschäftsansässige Schuldnerin
Leitsatz (amtlich)
Es kann - ohne eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung - an der internationalen Zuständigkeit des LG Berlin für eine wettbewerbsrechtliche Vertragsstrafenklage eines Berliner Wettbewerbsverbandes gegen eine in den Niederlanden geschäftsansässige Schuldnerin fehlen.
Normenkette
GVVO Art. 5 Nrn. 1a, 3; EGBGB a.F. Art. 27 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 5; BGB § 270 Abs. 1-2, § 269 Abs. 1 Alt. 3, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 26.05.2011; Aktenzeichen 52 O 289/10) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 26.5.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 52 des LG Berlin - 52 O 289/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung in Ziff. 2 des landgerichtlichen Tenors wie folgt abgeändert wird:
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger (ein Wettbewerbsverband) hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Nach einvernehmlicher Erledigung des Unterlassungsantrages begehrt er in der Hauptsache nur noch die Vertragsstrafe.
Die in R./Niederlande geschäftsansässige Beklagte warb 2009 in einer TV-Werbeaussendung für das von ihr vertriebene Produkt "F." mit Aussagen, wonach das Produkt die richtigen Substanzen enthalte, um Gelenke und insbesondere den Knorpelaufbau zu unterstützen, wobei auch auf "Glucosamin" Bezug genommen wurde. Auf entsprechende Abmahnung des Klägers verpflichtete sie sich mit Schreiben vom 11.5.2009 ihm gegenüber, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt für "F." mit den Aussagen zu werben:
"1.1 Und die Gelenke müssen unterstützt werden mit den richtigen Substanzen. Und das findet man in F.
1.2 U. a. ist in F.Glucosamin. Glucosamin unterstützt den Knorpelaufbau."
Für jeden zukünftigen Fall der Zuwiderhandlung versprach die Beklagte eine Vertragsstrafe, die vom Kläger nach dem sog. "Hamburger Brauch" bemessen werden sollte. Der Kläger nahm diese Unterlassungserklärung am 22.5.2009 an.
Die Beklagte warb am 10.6.2010 im Internet unter ihrer Domain "n... com" (in deutscher Sprache) erneut für das Produkt "F.", diesmal mit der Aussage:
"Glucosamin ... [Es] unterstützt u.a. die natürliche Bildung des Bindegewebes im Gelenkknorpel ..."
Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 22.6.2010 unter Fristsetzung bis zum 29.6.2009 erfolglos zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 5.100,- EUR auf. In diesem Schreiben forderte er aufgrund der neuen Werbung gleichzeitig die Erhöhung des Vertragsstrafeversprechens auf nunmehr mindestens 5.100,- EUR und drohte anderenfalls weitere gerichtliche Schritte an.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das LG Berlin sei gem. Art. 5 Ziff. 1 lit. a) EuGVVO für den Vertragsstrafenanspruch zuständig. Die Verpflichtung aus dem Unterlassungsvertrag sei auch im Gerichtssprengel zu erfüllen. Die Zuständigkeit folge zudem aus Art. 5 Ziff. 3 EuGVVO, weil die Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsversprechen eine unerlaubte Handlung darstelle bzw. eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sei. Der Begriff der unerlaubten Handlung sei vertragsautonom auszulegen und erfasse auch Wettbewerbsverstöße. Wegen der streitgegenständlichen Werbung sei eine Vertragsstrafe aus der Unterlassungsvereinbarung vom 11./22.5.2009 verwirkt. Aufgrund der mehrfachen Zuwiderhandlung und der bundesweiten Verbreitung der Werbung sei eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.100,- EUR angemessen. Darüber hinaus habe auf Grundlage des Unterlassungsvertrags wie auch auf gesetzlicher Grundlage (gemäß §§ 11 Abs. 1 Ziff. 2 LFGB, 5, 6 LGVO) bis zur einvernehmlichen Erledigungserklärung der Parteien ein Unterlassungsanspruch bestanden. Denn es gebe keine hinreichend gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis, dass Glucosamin oder die weiteren benannten Inhaltsstoffe des Mittels (TMAZ und Pappelblattpulver) die natürlichen Gelenkfunktion bzw. die natürliche Bildung des Bindegewebes im Gelenkknorpel unterstützten.
Der Kläger hat ursprünglich auch den Antrag gestellt, die Beklagte bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, für das Produkt "F." zu werben: "Glucosamin ... unterstützt u.a. die natürliche Bildung des Bindegewebes im Gelenkknorpel." Nachdem sich die Beklagte insoweit nach Zustellung der Klage strafbewehrt unterworfen hat, haben die Parteien den Rechtsstreit diesbezüglich - bei insoweit widerstreitenden Kostenanträgen - in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Kläger hat nunmehr noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.100,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit ...