Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 38 O 99/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 38 des Landgerichts Berlin vom 01.09.2021 - 38 O 99/21 - abgeändert:
Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars M. P. vom 11.7.2013, UR-Nr.: 168/2013, welche auf die Kündigung vom 01.12.2020 gestützt wird, wird für unzulässig erklärt.
Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 01.09.2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 38 des Landgerichts Berlin - 38 O 99/21-, mit dem die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge aus der Vollstreckungsgegenklage weiter. Zur Begründung trägt sie unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags und unter Bezugnahme hierauf vor:
Das Landgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung für gegeben erachtet.
Das Landgericht habe übersehen, dass schon die erste Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, dass "zuvor" eine fristlose Kündigung zugestellt werden muss, nicht vorliege. Denn die Zwangsvollstreckung habe vorliegend bereits am 16.09.2020 begonnen und zu diesem Zeitpunkt habe es die hier streitgegenständliche Kündigung vom 01.12.2020 noch gar nicht gegeben.
Zudem sei die Vollstreckungsvoraussetzung "Verschulden des Untermieters" unklar, da in Ziffer II letzter Absatz der Urkunde einerseits von "der GbR", andererseits vom "Untermieter" die Rede sei und auch § 13 Ziffer 1 c) des Mietvertrages (im Folgenden: "MV") von einem Kündigungsgrund bei Untervermietung spreche. Von einem Verschulden des Untermieters sei in der Kündigung vom 01.12.2020 jedoch keine Rede.
Ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 13 MV sei nicht gegeben.
Die in der Klageschrift vorgetragenen Zweifel an der Wirksamkeit der Vorfälligkeitsklausel in § 6 MV blieben aufrechterhalten. Im Fall der Unwirksamkeit von § 6 MV wäre die Kündigung zu einem Zeitpunkt ausgesprochen worden, als die Dezembermiete 2020 noch gar nicht fällig gewesen sei.
Des Weiteren verneine das Landgericht rechtsirrig einen Minderungs-/Anpassungsanspruch gemäß § 313 BGB wegen der seit November 2020 angeordneten Geschäftsschließung.
Unzutreffend sei bereits die Annahme des Landgerichts, der BGH habe lediglich für den Fall des § 543 Abs. 2 Nr. 3a) BGB entschieden, dass es für die Berechnung des kündigungsrelevanten Verzugs auf die (ungeminderte) vertraglich vereinbarte Miete ankäme.
Das Landgericht verkenne auch, dass die Minderung nicht davon abhänge, ob der Vermieter den Mangel zu vertreten hat. Die Begründung des Landgerichts rechtfertige daher auch nicht eine unterschiedliche Berechnung des maßgeblichen Mietrückstandes bei der Vertragsanpassung im Vergleich zur Minderung. Auch hier sei zwar die abgesenkte Miete - wie bei der Minderung - die geschuldete Miete, gleichwohl sei die Bezugsgröße für die Kündigung gemäß § 543 BGB bzw. hier gemäß § 13 Ziff. 1a) MV die vertraglich vereinbarte Miete.
Mit der überwiegenden Rechtsprechung sei die Klägerin vorliegend von einer Reduzierung der Miete in den Monaten November und Dezember 2020 von 50 % ausgegangen. Daneben berufe sie sich auf sämtliche Rechtsgrundlagen zur Absenkung der Mieten der betreffenden Monate während der Lockdown-Regelungen für die besonders betroffenen Gewerbebetriebe.
Schließlich sei ein Verschulden der Klägerin zu verneinen, weil die Nichtzahlung der Miete auf dem Ereignis der Pandemie sowie den entsprechenden behördlichen Schließungsanordnungen mit der daraus folgenden zwingenden Geschäftsschließung resultiere. Zudem liege ein das Verschulden ausschließender unvermeidbarer Tatsachenirrtum über das Bestehen ihrer Mietschuld vor, weil im Dezember 2020 Grund zu der Annahme bestanden habe, dass entweder das Kündigungsmoratorium weiter gelten werde oder aber eine erhebliche Minderung anzunehmen sei.
Zudem sei eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB nicht nur in Bezug auf die Höhe der Miete, sondern auch in Bezug auf die Fälligkeit der Miete vorzunehmen. Zumindest bis zur Gewährung von staatlichen Hilfen sei die Kündigung wegen Zahlungsverzugs ausgeschlossen.
Die Klägerin habe unter Vorlage ihrer betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorgetragen, dass sie im Zeitraum 02.11.2020 bis 20.5.2021 praktisch keine Umsätze aus dem Restaurant habe erzielen können, weil das...