Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.01.1994; Aktenzeichen 84 O 342/93) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Januar 1994 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 84 O 342/93 – geändert:
Den Beklagten wird verboten, ihre Eintragung als Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Spandau von Staaken Bl. 7238 verzeichneten Grundstücks zu betreiben.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
Es wird nach § 543 Abs. 1 ZPO davon abgesehen, den Tatbestand darzustellen.
Das Landgericht hat mit einstweiliger Verfügung vom 16. November 1993 den Verfügungsbeklagten untersagt, ihre Eintragung als Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Spandau von Staaken Blatt 7238 verzeichneten Grundstücks zu betreiben. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 11. Januar 1994 die einstweilige Verfügung wieder aufgehoben und den Antrag der Verfügungsklägerin zurückgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Verfügungsklägerin ist begründet. Denn sie hat glaubhaft gemacht, daß sie ihr Eigentum an dem streitbefangenen Grundstück unrechtmäßig verlieren kann, wenn den Verfügungsbeklagten nicht untersagt wird, ihre Eigentumseintragung weiter zu betreiben (§§ 935, 938 ZPO).
I. Entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht hat die Verfügungsklägerin ausreichend glaubhaft gemacht, daß den Verfügungsbeklagten ein Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder eine Anwartschaft auf das Eigentum nicht zusteht.
1. Der Verfügungsbeklagte zu 2) hat zugleich als Vertreter der Klägerin mit sieh selbst und der Verfügungsbeklagten zu 1) den notariellen Schenkungsvertrag vom 24. August 1993 (UR 767/1993 des Notars H. K. in Berlin) geschlossen und darin auch die Auflassung an die Verfügungsbeklagten erklärt. Dieser Vertrag ist jedoch nach § 177 Abs. 1 BGB unwirksam. Denn der Verfügungsbeklagte zu 2) hat als vollmachtloser Vertreter der Verfügungsklägerin diesen Vertrag abgeschlossen, weil die ihm von der Verfügungsklägerin am 19. Juli 1993 erteilte, konsularisch beglaubigte Schenkungsvollmacht nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig ist. Sie ist nämlich auf den Abschluß eines ebenfalls nach § 117 Abs. 1 BGB nichtigen Schenkungsvertrages gerichtet.
a) Auf das zwischen den Parteien hinsichtlich des streitbefangenen Grundstücks bestehende Rechtsverhältnis ist nach Art. 27 Abs. 1, 28 Abs. 3, 31 Abs. 1 und 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB deutsches Recht anwendbar. Die Klägerin ist US-amerikanische Staatsangehörige, die in Kanada ihren ständigen Wohnsitz hat. Dadurch hat das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis Auslandsbezug. Die Parteien haben jedoch durch schlüssiges Verhalten die Anwendung deutschen Rechts gewählt. Das ergibt sich sowohl aus der Sprache der beiden hier zu würdigenden Verträge vom 29. August 1992 und vom 24. August 1993 sowie der zum letzten Vertragsschluß erteilten Vollmacht vom 19. Juli 1993 wie auch aus dem Inhalt aller drei Urkunden, die nur auf der Anwendung deutschen Rechts beruhen. Außerdem liegt das streitbefangene Grundstück in Berlin und begründet damit, jedenfalls soweit es den dinglichen Vertrag betrifft, nach § 28 Abs. 3 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Anwendung deutschen Rechts. Auch die Wirksamkeit der Vollmacht ist nach deutschem Recht zu prüfen. Denn für sie gilt zwar nicht selbstverständlich das Vertragsstatut, jedoch unabhängig davon grundsätzlich das Recht des Wirkungslandes (BGH NJW 1990, 3088; 1982, 2733).
b) Die auf den Abschluß eines Schenkungsvertrages gerichtete Vollmacht vom 19. Juli 1993 ist selbst nach § 117 Abs. 1 BGB als Scheingeschäft nichtig, weil sie ihrerseits auf den Abschluß eines nichtigen Scheingeschäfts gerichtet war.
Ein nach § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsparteien einverständlich nur den äußeren Schein des Rechtsgeschäfts hervorgerufen, die damit verbundene Rechtswirkung aber in Wahrheit nicht gewollt haben (BGHZ 36, 84, 87 f = NJW 1962, 295; NJW 1980, 1573; Krämer in MünchKomm 2. Aufl., Rdnr. 1; Heinrichs in Palandt, 53. Aufl., Rdnr. 3 je zu § 117). Diese Voraussetzung ist bei einem Umgehungsgeschäft allerdings nicht erfüllt, weil dessen Erfolg ersichtlich gewollt ist, um mit der Umgehung einen bestimmten Zweck zu erreichen. Ein solches Geschäft ist deshalb in der Regel kein nichtiges Scheingeschäft (BGH DNotZ 1977, 416 betreffend einen Grundstückserwerbsvertrag; s. auch BGH NJW 1983, 1843).
aa) Die Parteien haben, als die Verfügungsklägerin am 19. Juli 1993 die Vollmacht erteilte, einverständlich die Rechtsfolgen eines Schenkungsvertrages nicht gewollt. Denn eine unentgeltliche Eigentumsübertragung auf die Verfügungsbeklagten haben sie trotz des entgegenstehenden Wortlauts der Vollmacht nicht gewollt. Sie hatten ein Jahr vor der Vollmachtserteilung über das streitbefangene Grundstück den privatschriftlichen Kaufvertrag vom 29. August 1992 geschlossen und darin vereinbart, daß die Verfügungsbeklagten an die Verfügungsklägerin zum Eige...