Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbeangabe "Vitamine GESUND" für einen Rotbuschtee als gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO; Anwendbarkeit des Art. 10 Abs. 3 der HCVO vor vollständiger Erstellung der Listen zugelassener gesundheitsbezogener Angaben nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Werbeangabe "Vitamine GESUND" für einen Rotbuschtee ist eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO, und zwar eine unspezifische Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO.

2. Art. 10 Abs. 3 HCVO ist bereits anwendbar, auch wenn die Listen zugelassener gesundheitsbezogener Angaben nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO noch nicht vollständig erstellt sind (Anschluss an OLG Hamm, ZLR 2014, 568; WRP 2015, 228; gegen BGH, EuGH-Vorlage-Beschluss vom 12.3.2015, I ZR 29/13, TZ 31 - Rescue-Produkte; GRUR 2013, 958 TZ 15 - Vitalpilze; GRUR 2015, 403 TZ 38 - Monsterbacke II).

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; EGV 1924/2006; HCVO Art. 2 Abs. 2 Nr. 5, Art. 10 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 20.05.2014; Aktenzeichen 103 O 8/14)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.5.2014 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 103 des LG Berlin - 103 O 8/14 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung (hinsichtlich des landgerichtlichen Unterlassungsausspruchs in Ziff. 1 in Höhe von 5.000,-- Euro, hinsichtlich der Kosten in Höhe des vollstreckbaren Betrages) abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit (hinsichtlich des landgerichtlichen Unterlassungsausspruchs in Ziff. 1 in Höhe von 5.000,-- Euro, hinsichtlich der Kosten in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages) leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Lauterkeit einer Werbung der Beklagten für Rotbuschtee mit der Angabe "GESUND".

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Deutschland. Er wird von Mitgliedern aus allen Bereichen des Handels, Handwerks und der Industrie, insbesondere vom Einzelhandelsverband B.R.-S.E.e.V., dem r...Einzelhandels- und Dienstleistungsverband e.V. und dem Handelsverband D...getragen.

Die Beklagte bot am -----. 2013 auf der Internetplattform eBay - wie aus dem Tenor Ziff. 1 des landgerichtlichen Tenors (LGU Seite 2 bis 4) ersichtlich - einen Rotbuschtee ("Rotbusch Tee rot") mit dem in der Überschrift gegebenen Hinweis "1 kg ROOIBUSH neu ROTBUSCHTEE rot ROOIBOSTEE Rotbusch MASSAI-TEE Vitamine GESUND" an.

Auf eine Abmahnung des Klägers hin entfernte die Beklagte das Wort "GESUND" aus der Überschrift ihres Angebotes, gab jedoch eine Unterlassungserklärung nicht ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Bewerbung des Rotbuschtees mit der Angabe "GESUND" verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-ClaimsVO = HCVO). Der Hinweis "GESUND" werde vom Verbraucher so verstanden, dass zwischen dem Produkt einerseits und der Gesundheit andererseits ein Zusammenhang bestehe.

Der Kläger hat beantragt, wie erstinstanzlich erkannt worden ist (LGU Seite 2 bis 4).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung zurückgenommen habe. Auch bestehe keine Wiederholungsgefahr, da sie bereits vor Erlass der einstweiligen Verfügung das Wort "GESUND" aus ihrer Werbung entfernt habe. Schließlich liege ein Verstoß gegen die Health-ClaimsVO auch nicht vor. Das LG Hamburg habe in einer Entscheidung vom 31.1.2008 das Wort "GESUND" nicht beanstandet.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, weil eine einstweilige Verfügung einer Entscheidung in der Hauptsache nicht gleich stehe. Bei der streitgegenständlichen Werbung handele es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe, und zwar einen Verweis auf nichtspezifische Vorteile des Rotbuschtees für die Gesundheit. Die mit der Verletzungshandlung begründete tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr sei ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung durch das bloße Einstellen des rechtsverletzenden Verhaltens nicht beseitigt worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die der Auffassung ist, die streitgegenständliche Angabe "GESUND" sei keine gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel im Sinne der HCVO.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst A...

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