Entscheidungsstichwort (Thema)
Einholung eines weiteren Gutachtens
Normenkette
ZPO § 412
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.11.2001; Aktenzeichen 17 O 413/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.11.2001 verkündete Urteil des LG Berlin – 17 O 413/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist erfolglos. Der Kläger hat den erforderlichen haftungsbegründenden Zusammenhang zwischen der Kollision seines Motorrades mit dem Pkw der Beklagten zu 1) am 29.6.2000 und seinem Sturz am 30.6.2000 nicht bewiesen, so dass die Beklagten nicht für die Folgen dieses Sturzes aufkommen müssen und das LG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Das Vorbringen der Parteien im Berufungsrechtszug rechtfertigt es nicht, die Sache anders zu beurteilen. Insbesondere ist nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens veranlasst.
A. Nach § 412 ZPO steht die Einholung eines weiteren Gutachtens im Ermessen des Gerichts und ist nur ausnahmsweise geboten. Allerdings darf und muss das Gericht, wenn es aus dem Gutachten trotz Ergänzung oder Anhörung des Sachverständigen keine sichere Überzeugung gewinnt, eine neue Begutachtung anordnen, wenn besonders schwierige Fragen zu lösen oder grobe Mängel des vorhandenen Gutachtens nicht zu beseitigen ist, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn das Gutachten in anderer Weise nicht aufklärbare Widersprüche enthält, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn eine Partei substantiierte, nicht von vornherein widerlegbare Einwendungen, auch mit Hilfe eines Privatgutachters, erhebt (BGHZ 53, 245 [258]; BGH v. 10.12.1991 – VI ZR 237/90, MDR 1992, 407 = NJW 1992, 1459; v. 29.11.1995 – VIII ZR 278/94, MDR 1996, 632 = NJW 1996, 730; KG Berlin v. 1.10.2001 – 12 U 1918/00, KGReport Berlin 2002, 89; Urt. v. 21.1.2002 – 12 U 5219/00 – 12 U 5219/00; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., 2003, § 412 ZPO, Rz. 1 m.w.N.).
B. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Das Gutachten des Sachverständigen K. vom 22.8.2001 bietet eine hinreichend zuverlässige Entscheidungsgrundlage, auf die sich das LG in zutreffender Weise gestützt hat; der Senat teilt die Auffassung des LG, dass der Kläger den Ursachenzusammenhang zwischen der Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug und dem späteren Sturz nicht bewiesen hat.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Unmittelbaren Beweis für die behauptete Beschädigung der Bremsanlage bei der Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug am 29.6.2000 hat der Kläger nicht angeboten.
II. Im Verlauf des Rechtsstreits haben sich auch keine hinreichenden Indizien ergeben, die einen sicheren Schluss auf die Beschädigung der Bremsanlage bei der Kollision am 29.6.2000 zulassen.
1a) Es steht allerdings fest, dass bei dieser Kollision die rechte Fußraste des Motorrades beschädigt worden ist. Dies haben die Beklagten ausdrücklich vorgerichtlich eingeräumt. Zu Recht beruft sich der Kläger insoweit auf das Schreiben der Beklagten zu 2) vom 10.8.2000, in dem diese darauf hinweist, nach übereinstimmenden Angaben beider Beteiligter seien die Fußraste und der Auspuff beschädigt worden. Die Beklagten haben im Prozess nicht erläutert, warum diese zeitnahe Angabe – ca. sechs Wochen nach der Kollision – nicht mehr gelten soll.
b) Diese Beschädigung – isoliert betrachtet – begründet eine Schadensersatzforderung des Klägers nicht. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederholte Hinweis des Klägers, schon wegen der Beschädigung der Fußraste und unabhängig von den Ergebnissen des Sachverständigengutachtens stehe ihm Schadensersatz zu, geht vielmehr angesichts seiner Schadensberechnung ins Leere: Er verlangt gerade nicht Ersatz zur Beseitigung dieser Beschädigung, sondern macht auf Totalschadensbasis Ersatz wegen der beim Sturz entstandenen Schäden geltend, mithin den Wiederbeschaffungswert. Einen gesondert abrechenbaren „Fußrastenschaden” hat der Kläger nicht dargelegt und beziffert.
2) Es ist nach Beweisaufnahme ferner ungewiss geblieben, wie umfangreich der „Primärschaden” an der Fußraste war, insb. ob dieser einen „Sekundärschaden” an der Bremsanlage verursacht hat.
a) Nach Klägerdarstellung war die Intensität der Kollision gering, bei der die Fußraste beschädigt worden ist. In der Klageschrift heißt es hierzu: „Der Anstoß des Pkws an das Motorrad führte zu kaum sichtbaren Beschädigungen, das Motorrad stürzte nicht einmal um” (Bl. 3 d.A.). Dies spricht gegen einen weiter gehenden Schaden an anderen Aggregaten.
Etwas anderes lässt sich nicht aus den Angaben der Beklagten zu 2) zum Zustand der Stoßstange ihres Nissan nach dem Unfall entnehmen. Sie hat ausgesagt, sie habe keinen Anstoßpunkt an der Stoßstange finden können, weil es sich „um eine alte Stoßstange handelte, die ohnehin schon Stellen hatte” (Bl. 50 d.A.). Der Zustand einer vorgeschädigten Stoßstange besagt daher nichts Hinreichendes über die Wucht des Zusammenstoßes. Schließlich hat auch der Sachverständige K. die Behauptung des Klägers, es hätt...