Normenkette
TabakerzV § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; UKlaG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.03.2018; Aktenzeichen 16 O 104/17) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20.03.2018 - 16 O 104/17 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf Packungen und Außenverpackungen von Tabakerzeugnissen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens teilweise oder vollständig zu verdecken, wie nachfolgend abgebildet:
((Abbildung))
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2017 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Beklagte verkauft unter anderem Tabakerzeugnisse an Endverbraucher. In einem Verkaufsraum in der .... befand sich hinter dem Verkaufstresen ein Regal mit Tabakerzeugnissen, die innerhalb des jeweiligen Regalfachs nach Herstellerin und Produktsorte aufgereiht waren. Vor den Reihen waren Herstellertafeln bzw. Produktkarten in durchsichtige Halterungen eingesteckt, wodurch die Warnhinweise auf den ersten Reihen der Packungen für die Kundschaft nicht zu sehen waren.
Dies beanstandete der Kläger, der ... . Er hat erstinstanzlich mit der am 05.04.2017 zugestellten Klage beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf Packungen und Außenverpackungen von Tabakerzeugnissen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens teilweise oder vollständig zu verdecken oder abzutrennen, wie nachfolgend abgebildet:
[s. Abbildung im Tenor]
2. an ihn 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage mit Urteil vom 20.03.2018 abgewiesen. Bei § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV handele es sich zwar um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des UKlaG. Die Auslegung der Vorschrift ergebe jedoch, dass der hier zu beurteilende Sachverhalt von dem Verbot, die Warnhinweise zu verdecken, nicht umfasst sein solle. Die Regelung beschränke sich auf die Gestaltung der Verpackung, was ein Gebot hinsichtlich von Verkaufsmodalitäten, mithin der Art und Weise der Produktpräsentation ausschließe. Schließlich sei die Ermächtigungsnorm zum Erlass der TabakerzV (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG) ihrem Anwendungsbereich nach auf die Gestaltung von gesundheitsbezogenen Warnhinweisen auf den Packungen und Außenverpackungen beschränkt. Dies gelte auch für die zu Grunde liegende EU-Richtlinie 2014/40, welche die Produktgestaltung von Tabakerzeugnissen regele und nicht Verkaufsmodalitäten. Eine Erstreckung auf Verkaufsmodalitäten würde zudem gegen das allgemeine Bestimmtheitsgebot von Rechtsakten verstoßen.
Das Urteil ist dem Kläger am 03.04.2018 zugestellt worden, der am 18.04.2018 Berufung eingelegt hat, die er nach Fristverlängerung bis zu diesem Tag am 18.06.2018 begründet hat. Das Landgericht habe die Verbotsnorm unzutreffend eng ausgelegt. Schon dem Wortlaut der Richtlinie nach umfasse das Verbot auch Gegenstände, die nicht unmittelbare Teile der Packung seien ("Hüllen, Taschen, Schachteln und sonstige Gegenstände"). Der Zweck der Vorschrift, der auch dahingehe, einen möglichst hohen Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten, gebiete ebenfalls ein möglichst weitgehendes Verständnis. Jedenfalls greife der Hilfsantrag, da es sich bei den Herstellertafeln um Bilder von Packungen im Sinne der EU-Richtlinie handele, die ebenfalls mit Warnhinweisen zu versehen seien.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
unter Abänderung des am 20.03.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 16 O 104/17 - die Beklagte wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen,
hilfsweise,
Die Beklagte zu verurteilen,
es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, dies zu vollstrecken am Geschäftsführer,
zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern Tabakprodukte, nämlich Zigaretten, so zum Verkauf anzubieten, dass stat...