Entscheidungsstichwort (Thema)
gepfändete Schadensersatzansprüche aus Betreuerhaftung
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20. Dezember 1999 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 34 O 433/99 – wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die in beiden Rechtszügen entstandenen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Beschwer für die Klägerin beträgt 4.366,70 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vermieterin der Wohnung T. Str. … B. (P.), für die das Mietverhältnis nach dem Tod der Mieterin M. W. M. am 24. März 1994 auf deren Sohn, den am 28. Oktober 1939 geborenen W. P. als Alleinerben übergegangen war. Die Klägerin nimmt den Beklagten als dessen Betreuer aus gepfändetem Recht auf Schadensersatz wegen verspäteter Kündigung dieses Mietverhältnisses in Anspruch.
Der als Berufsbetreuer tätige Beklagte ist in dem vormundschaftsgerichtlichen Verfahren zu 53 XVII P 14, das nach dem Tod seiner Mutter vom alkoholabhängigen Betreuten selbst eingeleitet worden war, um insbesondere Hilfe wegen seiner Miet-, Strom- und Gasschulden zu erhalten, mit Beschluss des zuständigen Amtsgerichts Mitte vom 9. August 1994 zum Betreuer für W. P. bestellt worden für den Aufgabenkreis Vermögenssorge inclusive Regelung der Renten- und Wohnungsangelegenheiten, der Vertretung wegen des Erbscheinsantrags sowie der Nachlaßangelegenheiten bezüglich der verstorbenen Mutter. Der Betreute, der seit Jahren arbeitslos war und von 767,00 DM Arbeitslosenhilfe lebte, wovon er eine eigene Wohnung in der C.straße … B. (P. B.), für monatlich 202,34 DM Miete unterhielt, äußerte in den ersten Gesprächen mit dem Beklagten den Wunsch, die Genossenschaftswohnung der Mutter behalten zu wollen, weshalb er im Januar 1995 nach ersten Kontakten der Parteien wegen des bereits bestehenden Mietrückstandes von 2.138,35 DM der vom Beklagten angestrebten Kündigung des Mietverhältnisses widersprach. In einem Telefonat vom 27. Februar 1995 machte die Klägerin die Übernahme der Wohnung von der Vorlage eines Erbscheins abhängig, woraufhin der Beklagte sich darum bemühte, die dafür erforderlichen Angaben vom Betreuten in Erfahrung zu bringen. In weiteren Vermittlungsgesprächen mit dem Betreuten, der ab März 1995 im Rahmen einer ABM-Massnahme 1.365,82 DM als Nettoeinkommen erzielte, bestand dieser auch gegenüber dem Rechtspfleger des vom Beklagten eingeschalteten Vormundschaftsgerichts auf der Übernahme der Wohnung der Mutter, für die sich die zu zahlende Nutzungsgebühr von 228,03 DM + 107,01 DM BK-Vorauszahlung = 335,04 DM mit Zustimmung des Beklagten ab August 1995 zunächst auf 262,23 DM + 107,01 DM = 369,24 DM erhöht hatte, später wurde diese in einer Mietneuberechnung der Klägerin vom 9. Januar 1996 wieder reduziert auf 250,83 DM + 107,01 DM = 357,84 DM. Nachdem die Klägerin am 15. August 1995 die Kündigung nach § 569 BGB gegenüber W. P. erklärt hatte, wies der Beklagte in seinem Bericht vom 5. September 1995 an das Vormundschaftsgericht auf dessen ambivalente Haltung zur Mutter sowie die Konflikte wegen der als „Hauptanliegen” trotz der erheblichen Mietschulden gewünschten Übernahme ihrer Wohnung hin. Es heißt darin ausdrücklich „Auch das Vermittlungsgespräch mit dem zuständigen Rechtspfleger des Vormundschaftsgericht brachte hierbei nicht den gewünschten Erfolg.” Der Beklagte bat um „Einhilfe”, da eine direkte Einwirkung seinerseits das unter größten Schwierigkeiten aufgebaute Vertrauensverhältnis zu dem in der Wohnungsangelegenheit nicht kooperationsbereiten Betreuten, der sogar die Herausgabe der Schlüssel und den Einlass für die GASAG zur Wohnung der Mutter verweigere, gefährden könnte. Daraufhin wurde vom Vormundschaftsrichter ein ärztliches Gutachten wegen der Erforderlichkeit eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB in Auftrag gegeben, nach dessen Vorliegen am 3. April 1996 der Betreute am 29. April 1996 vom Amtsgericht Mitte angehört wurde, wobei er äußerte, dass er die Wohnung der Mutter behalten wolle, die Übernahme der Mietschulden müsse „irgendwie gehen”. Mit Beschluss vom 10. Mai 1996 sprach das Amtsgericht Mitte einen Einwilligungsvorbehalt bezüglich der Nachlassregelung, insbesondere in Bezug auf das Mietverhältnis der verstorbenen Mutter, aus, woraufhin die Wohnung am 8. Juli 1996 vom Beklagten an die Klägerin übergeben wurde. Im Abgabeprotokoll vom selben Tage unterzeichnete der Beklagte die Erklärung
„Der Mietrückstand per 8.7.96 einschließlich Schadensersatz für entgangenen Mietzins in Höhe von 8.771,68 DM wird geschuldet”.
Gestützt auf diese als Schuldanerkenntnis gewertete Erklärung des Beklagten wurde der Betreute durch Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 8. Juli 1998 zu 2 C 97/98 rechtskräftig zur Zahlung von 8.771,68 DM nebst Zinsen verurteilt, woraufhin die Klägerin wegen der Urteilssumme und den im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. September 1998 auf 1.893,20 DM festgesetzt...