Leitsatz
Eltern stritten um das Umgangsrecht des Vaters mit den gemeinsamen Töchtern, beide geboren am 28.8.1998.
Die Kinder waren aus der im Dezember 1997 geschlossenen Ehe ihrer Eltern hervorgegangen, die durch Urteil des FamG vom 12.7.2001 geschieden wurde. Die elterliche Sorge wurde auf die Kindesmutter übertragen. In einem nachfolgenden Umgangsrechtsverfahren hat das Gericht mit Beschluss vom 19.6.2003 den Umgang des Vaters mit den Kindern ausgeschlossen. Grundlage hierfür war das Gutachten eines Sachverständigen, der zu dem Ergebnis kam, dass der Kindesvater an einer schweren seelischen Erkrankung leide.
Der Kindesvater begehrte im Jahre 2007 erneut eine Umgangsregelung. Das FamG holte wiederum ein Gutachten des Sachverständigen ein und wies aufgrund des Ergebnisses dieses Gutachtens den Antrag des Vaters auf Einräumung eines Umgangsrechts zurück.
Hiergegen wandte sich der Vater mit seiner sofortigen Beschwerde. Er verfolgte das Ziel eines Umgangsrechts mit seinen Töchtern weiter und trug vor, er sei gesund.
Sein Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FamG zurückverwiesen.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das amtsgerichtliche Verfahren leide an wesentlichen Mängeln, so dass die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückzuverweisen sei.
Das FamG habe es unterlassen, die Kinder der Parteien persönlich anzuhören. Nach § 50b Abs. 1 und 3 FGG habe das Gericht in einem Verfahren, das die Personensorge betreffe, die Kinder grundsätzlich anzuhören, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes von Bedeutung sei. Von einer solchen Anhörung dürfe nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden. Auch für eine Entscheidung in einem Umgangsrechtsverfahren nach § 1684 BGB seien Neigungen, Bindungen und Kindeswille in aller Regel von Bedeutung. Wolle das Gericht gleichwohl von der Anhörung der Kinder abgesehen, müsse es die leitenden Gründe darlegen. Schwerwiegende Gründe, die es geboten erscheinen ließen, von einer persönlichen Anhörung der Kinder abzusehen, lägen aber im Rahmen einer vorzunehmenden Interessenabwägung nur dann vor, wenn durch die Anhörung das Kind aus einem seelischen Gleichgewicht gebracht werde und eine Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes zu besorgen sei (vgl. BGH NJW-RR 1986, 1130/1131; Engelhard in Keidl/Kunze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 50 Behrend Nr. 27 m.w.N.).
Der angefochtene Beschluss führe Gründe dafür, weswegen von der persönlichen Anhörung der Kinder abgesehen worden sei, nicht auf. Die persönliche Anhörung sei nachzuholen. Sie habe das Ziel, dem Richter von den betreffenden Kindern einen persönlichen Eindruck zu verschaffen und ihren Willen sowie Neigungen und Bindungen kennen zu lernen.
Ein weiterer Verfahrensmangel des erstinstanzlichen Verfahrens sah das OLG darin, dass ausweislich des Protokolls das FamG Rücksprache mit einer nicht näher benannten psychologischen Sachverständigen gehalten und hierauf seine Entscheidung gestützt habe. Es habe sich hierbei offenbar um eine formlose Mitteilung einer Sachverständigen gehandelt. Das Gericht habe nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob es sich mit solchen formlosen Ermittlungen begnügen könne oder durch der in § 15 FGG vorgesehenen Form Strengbeweis erheben müsse. Das Strengbeweisverfahren sei vor allem dann zu wählen, wenn es für die Entscheidung auf die Erweisbarkeit einer bestimmten Einzeltatsache ankomme. Die Bedeutung der Angelegenheit erfordere zudem eine förmliche Beweiserhebung. Ein völliger Ausschluss des Umgangsrechts sei ein erheblicher Eingriff in durch Art. 6 GG geschützte Rechte der Kinder und Eltern. Das FamG hätte sich nach Auffassung des OLG daher nicht auf ein formloses Beweisverfahren durch Einholung einer telefonischen Auskunft einer Sachverständigen beschränken dürfen.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.12.2007, 10 UF 194/07