Die Frage, ob Eltern dem Kind während eines Freiwilligen Sozialen Jahres Unterhalt zahlen müssen, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden. In einigen Fällen bedarf diese Frage keiner Beantwortung, da der Unterhaltsbedarf durch die Stellung von Unterkunft und Verpflegung sowie Zahlung eines Taschengeldes gedeckt sein kann. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Bis vor einigen Jahren gingen die Obergerichte überwiegend davon aus, dass Unterhalt während der Ableistung eines Freiwilligen Sozialen Jahres nur dann zu gewähren ist, wenn dieses Voraussetzung für ein späteres Studium oder eine Ausbildung ist. Insbesondere in jüngeren Entscheidungen wird jedoch vermehrt die Auffassung vertreten, dass während des Freiwilligen Sozialen Jahres ein Ausbildungsunterhaltsanspruch auch dann besteht, wenn diese Tätigkeit nicht für die weitere Ausbildung erforderlich ist.
Das OLG Hamm führt hierzu aus:
OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2015, II-1 WF 296/14
Zitat
…Nach dem Gesetz ist es Ziel des Jugendfreiwilligendienstes, soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken. Die Freiwilligen sollen neben beruflicher Orientierung und Arbeitserfahrung auch wichtige personale und soziale Kompetenzen erwerben, die als Schlüsselkompetenzen auch die Arbeitsmarktchancen verbessern können (BT-Drs. 16/6519 S. 11). Vor diesem Hintergrund kann die Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres im Rahmen einer Gesamtausbildung zu einem Beruf auch dann als ein angemessener Ausbildungsschritt anzusehen sein, wenn bei Beginn dieses Ausbildungsabschnitts noch nicht feststeht, ob die Ausbildung später tatsächlich in einen sozialen Beruf münden und das Freiwillige Soziale Jahr sich somit konkret "auszahlen" wird. Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob das Freiwillige Soziale Jahr schon deshalb grundsätzlich als angemessener Ausbildungsabschnitt angesehen werden kann, weil es geeignet ist, die Bildungsfähigkeit Jugendlicher zu fördern und ihre Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach Abschluss ihrer Ausbildung zu verbessern. Denn jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin vorliegend während ihres Freiwilligendienstes im Krankenhaus berufliche Erfahrungen gesammelt hat, von denen sie im Rahmen einer Ausbildung zur Krankenschwester wird profitieren können.
Abgesehen davon ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin durch das Freiwillige Soziale Jahr die Möglichkeit hatte, Klarheit darüber zu bekommen, ob sie sich für den von ihr angestrebten Beruf als Krankenschwester eignet. Das Freiwillige Soziale Jahr stellt sich damit auch als eine Orientierungsphase dar. Es ist allgemein anerkannt, dass ein Kind seinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt während einer gewissen Orientierungsphase nicht verliert (vgl. OLG Celle, NJW 2012, 82 juris-Rn 11 m. w. N.).
Darüber hinaus kann aus Sicht des Senats auch nicht außer Betracht bleiben, dass der Antragsgegner – unwidersprochen – einverstanden damit war, dass die Antragstellerin nach Erreichen des Schulabschlusses ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, und er – in Kenntnis des vorliegenden Verfahrens – Ende August 2014 noch als Erziehungsberechtigter den Verlängerungsvertrag mit unterschrieben hat…