Leitsatz
Zwei minderjährige Kinder nahmen ihre Großmutter auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Beide Eltern und die anderen Großeltern waren leistungsunfähig. Die Großmutter verfügte über ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 2.690,00 EUR.
Erstinstanzlich waren sie mit ihren Anträgen nicht erfolgreich. Im Berufungsverfahren haben sich die Klägerin zu 1) und die Beklagte über die Unterhaltsansprüche der Klägerin zu 1) umfassend verglichen, so dass nur noch über die Ansprüche der Klägerin zu 2) zu entscheiden war, die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezog.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Im Hinblick auf die Leistungsunfähigkeit beider Eltern und der anderen Großeltern hielt das OLG die Beklagte ggü. ihren Enkelinnen zur Zahlung von Unterhalt nach §§ 1601, 1607 Abs. 1, 1610 BGB verpflichtet.
Der Bedarf der Klägerinnen richte sich nach der von den Eltern abgeleiteten Lebensstellung. Im Hinblick auf deren Leistungsunfähigkeit könnten die Kinder von ihrer Großmutter lediglich den Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB verlangen. Dieser betrage für die Klägerin zu 2), lediglich insoweit war noch zu entscheiden, derzeit 322,00 EUR.
Dieser Bedarf sei teilweise durch das staatliche Kindergeld gedeckt, das gemäß § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hälfte, derzeit i.H.v. 82,00 EUR, auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen sei.
Der Unterhaltsbedarf der Klägerin zu 2) sei des Weiteren gedeckt durch die zukünftig zu erwartenden Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse i.H.v. monatlich 158,00 EUR. Diese Leistungen seien nur im Verhältnis zum barunterhaltspflichtigen Elternteil subsidiär. Im Verhältnis zu den Großeltern seien sie anzurechnendes Einkommen des Kindes und minderten dessen Bedürftigkeit. Dies gelte sowohl für bereits gezahlten als auch für noch zu gewährenden Vorschuss (vgl. Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rz. 549).
Ein Übergang von Unterhaltsansprüchen gegen Großeltern sei auch im Rahmen der Gewährung von Sozialleistungen nach der Vorschrift des § 94 Abs. 1 S. 3 SGB XII ausgeschlossen. Allerdings ergebe sich aus dem fehlenden Forderungsübergang noch nicht zwingend die Vorrangigkeit der Sozialleistungen bzw. der Unterhaltsvorschusszahlungen ggü. der Unterhaltsverpflichtung.
Die Einkünfte der Großeltern des berechtigten Kindes spielten für die Gewährung des Unterhaltsvorschusses ebenso wenig eine Rolle wie das Einkommen und Vermögen des betreuenden Elternteils oder sonstige Einkünfte des Kindes. Mit dieser Regelung wolle der Gesetzgeber die Anrechnung von Einkommen des Berechtigten bewusst auf die im Allgemeinen in Betracht kommenden Einkünfte beschränken, um den Verwaltungsaufwand für die Durchführung des Gesetzes nicht unangemessen groß werden zu lassen.
Die Beklagte sei unter Berücksichtigung ihrer Unterhaltsverpflichtungen ggü. der Klägerin zu 1) zur Zahlung monatlichen Unterhalts i.H.v. 82,00 EUR auch leistungsfähig. Sie habe als Großmutter ggü. ihren Enkelkindern einen Selbstbehaltssatz von mindestens 1.400,00 EUR. Selbst wenn man nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2007, 375, 376) die Hälfte des den Selbstbehalt von 1.400,00 EUR übersteigenden Einkommens anrechnungsfrei lasse, ständen der Beklagten für Unterhaltszwecke monatlich 645,00 EUR zur Verfügung. Mit diesem Betrag könne sie die Unterhaltsansprüche der Klägerinnen uneingeschränkt erfüllen.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Urteil vom 18.09.2009, 20 UF 331/09