Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und wie von dem Unterhaltsschuldner auf den eingeklagten Unterhalt geleistete Zahlungen im Tenor zu berücksichtigen sind.
Getrennt lebende Eheleute stritten um den von dem Kindesvater zu leistenden Kindesunterhalt für zwei minderjährige Kinder. Es ging hierbei insbesondere um die Frage, wie die Anrechnung der von dem Beklagten geleisteten Zahlungen in dem gegen ihn ergangenen Urteil zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt
Die Parteien waren getrennt lebende Eheleute und Eltern zweier in den Jahren 1995 und 1999 geborener Kinder. Die Klägerin begehrte von dem Beklagten für beide Kinder Unterhalt i.H.v. jeweils 100 % des Mindestunterhalts ab November 2008. Die Beklagte hatte am 24.2.2009 für jedes Kind eine Jugendamtsurkunde errichtet, mit der er sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 59,00 EUR für das ältere und 48,00 EUR für das jüngere Kind, somit jeweils 20 % des Mindestunterhalts, verpflichtete.
Für das jüngere Kind wurden von der Unterhaltsvorschusskasse Zahlungen i.H.v. 168,00 EUR für Dezember 2008, 158,00 EUR jeweils im Januar und Februar 2009 und 110,00 EUR seit März 2009 geleistet.
Das AG hat den Beklagten zur Zahlung jeweils des Mindestunterhalts an die Kinder entsprechend ihrer Altersstufen unter Berücksichtigung des Unterhaltsvorschusses bei dem jüngeren Kind L. und des Kindergeldes verurteilt. Für das jüngere Kind L. wurde für die Zeit von November 2008 bis August 2009 ein Rückstand i.H.v. 978,00 EUR ausgeurteilt.
Hiergegen wandte sich der Beklagte mit der Berufung. Er behauptete, keinen höheren als durch die Jugendamtsurkunde festgehaltenen Betrag zahlen zu können. Eine andere Arbeit als die, die er seit nahezu 30 Jahren ausübe, könne er nicht leisten.
Sein Rechtsmittel hatte zum Teil Erfolg.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Beklagte sei wegen fehlender Leistungsfähigkeit nicht in der Lage, den ausgeurteilten Betrag i.H.v. jeweils 100 % des Mindestunterhalts zu zahlen.
Er sei 46 Jahre alt und seit über 20 Jahren durchgehend bei seinem jetzigen Arbeitgeber als Tierpfleger tätig. Ein Wechsel des Arbeitsplatzes erscheine auch mit Blick auf mögliche andere ausübbare Beschäftigungen, die allenfalls Hilfstätigkeiten sein dürften, nicht zumutbar. Aus seiner Vollbeschäftigung mit unterschiedlichen Anfangs- und Endzeiten erziele er ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.120,00 EUR. Da dies nicht ausreiche, den Unterhalt der Kinder angemessen abzudecken, treffe ihn aus dem Grundsatz der gesteigerter Erwerbsobliegenheit ggü. minderjährigen Kindern die Pflicht, sein Einkommen durch Nebenerwerbstätigkeiten aufzubessern. Dies erscheine in einem Umfang von etwa 100,00 EUR nach den Erfahrungen des Senats möglich.
Demzufolge sei ein Einkommen von 1.220,00 EUR zugrunde zu legen. Unter Beachtung seines notwendigen Selbstbehalts von 900,00 EUR stehe daher für Unterhaltszwecke ein Betrag von 320,00 EUR zur Verfügung, der nach dem Alter der Kinder zu verteilen sei.
Bei dem jüngeren Kind L. sei zu beachten, dass die Unterhaltsvorschusskasse Zahlungen erbracht habe.
Unter Beachtung der vom OLG errechneten Ansprüche errechne sich mithin lediglich ein Rückstandsbetrag für November 2008 i.H.v. 147,00 EUR, da danach die Unterhaltsvorschusszahlungen höher gewesen seien als der Zahlungsanspruch. Die Zahlungen der Vorschusskasse überstiegen zusammen mit den durch die Urkunde anerkannten und gezahlten Beträgen die Zahlungsansprüche.
Hinsichtlich der von dem Beklagten im streitigen Zeitraum bereits erbrachten Unterhaltszahlungen sei die Anrechnung dieser Zahlungen auszusprechen, um dem Beklagten die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO zu erhalten. Im Hinblick auf den Erfüllungseinwand des § 362 BGB, für den Fall, dass die Klägerin auch die bereits gezahlten Beträge vollstrecken sollte.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Urteil vom 20.04.2010, 3 UF 191/09