Leitsatz
Das OLG Hamm hat sich in dieser Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens zum Kindesunterhalt damit auseinandergesetzt, wie das einem Inhaftierten gewährte Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG und das Hausgeld gemäß § 47 StVollzG unterhaltsrechtlich zu bewerten sind. Ferner ging es um die Bemessung des notwendigen Selbstbehalts eines inhaftierten Unterhaltsschuldners.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Reduzierung des Kindesunterhalts ab dem 1.9.2008. Der Kläger war der nichteheliche Vater der am 4.2.1999 geborenen Beklagten, die im Haushalt ihrer Mutter betreut und versorgt wurde.
Aus seiner ersten im Jahre 1996 geschiedenen Ehe hatte er einen 18-jährigen Sohn und eine 11-jährige Tochter. Nach seiner Ehescheidung lebte er eine Zeit lang mit der Mutter der Beklagten zusammen.
Im Jahre 2004 heiratete der Kläger seine zweite Ehefrau. Gemeinsame Kinder gingen aus dieser Ehe nicht hervor.
Im Februar 2007 wurde bei dem Kläger ein Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert.
Am 4.4.2007 erlitt der Kläger einen Verkehrsunfall, bei dem seine zweite Ehefrau als Beifahrerin ums Leben kam.
Hierbei zog sich auch der Kläger erhebliche Verletzungen zu. Außerdem sah er die Ursache über das Ableben seiner Ehefrau in erster Linie bei sich, wodurch er in erheblichem Maße psychisch belastet war.
Im Jahre 2008 heiratete der Kläger zum dritten Mal. Aus dieser Ehe ist ein am 19.5.2009 geborener Sohn hervorgegangen. Seit dem 26.10.2009 befand sich der Kläger aufgrund einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Strafhaft, aus der er voraussichtlich Ende des Jahres 2011 entlassen werden sollte.
Durch Urteil des AG vom 20.1.2000 war die Vaterschaft des Klägers für die Beklagte festgestellt worden. Zugleich war er verurteilt worden, an die Beklagte Kindesunterhalt in Höhe des Regelunterhalts bzw. des Regelbetrages nach der Regelbetragsverordnung in der jeweils gültigen Fassung in der jeweiligen Altersstufe abzgl. von 125,00 DM Kindergeld zu zahlen.
Durch weiteres Urteil vom 7.5.2008 wurde die Verpflichtung des Klägers zur Leistung von Kindesunterhalt mit Wirkung ab 1.9.2006 auf monatlich 245,00 EUR abgeändert.
Seinerzeit bezog der Kläger Krankengeld i.H.v. monatlich 1.285,80 EUR bis zum 25.6.2008.
Zwischenzeitlich erhielt der Kläger rückwirkend seit dem 1.11.2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. zunächst 728,62 EUR.
Erstinstanzlich hat der Kläger die Auffassung vertreten, aufgrund seiner Verrentung nicht länger zur Zahlung des titulierten Kindesunterhalts in der Lage zu sein. Er sei arbeits- und erwerbsunfähig. Insbesondere der Bruch seiner Hüfte, welchen er sich anlässlich des Verkehrsunfalls im Jahre 2007 zugezogen habe, sei nicht ausgeheilt. Er sei auch nicht in der Lage, stundenweise zu arbeiten, um den Mindestunterhalt der Beklagten sicherzustellen.
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, das Urteil des AG vom 7.5.2008 dahingehend abzuändern, dass er der Beklagten ggü. mit Wirkung ab September 2008 zur Leistung von Kindesunterhalt nicht länger verpflichtet sei.
Durch Urteil vom 24.10.2009 ist das Urteil des AG vom 7.5.2008 dahingehend abgeändert worden, dass der Kläger der Beklagten ggü. für den Zeitraum zwischen Mai 2009 und November 2009 zur Leistung von Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 127,00 EUR verpflichtet ist. Im Übrigen wurde das Urteil des AG vom 7.5.2008 aufrechterhalten.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger mit seiner Berufung.
Das Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass sich das Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG nach altem Recht richte, da es vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sei.
Eine wesentliche Änderung i.S.v. § 323 Abs. 1 ZPO a.F. sei zu bejahen.
Seit dem 26.6.2008, d.h. zeitlich nach der letzten mündlichen Verhandlung am 16.4.2008 im Vorverfahren, beziehe der Kläger nicht länger Krankengeld i.H.v. monatlich 1.285,80 EUR, sondern erhalte lediglich eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. zunächst 728,62 EUR. Zudem sei er am 19.5.2009 Vater eines weiteren unterhaltsberechtigten Sohnes geworden.
Gemäß §§ 323 Abs. 3 S.1 ZPO a.F., 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO könne die Abänderung eines Urteils allerdings erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift an die Beklagte am 24.9.2008 und nicht bereits ab dem 1.9.2008 begehrt werden.
Zutreffend gehe der Kläger davon aus, im Zeitraum zwischen dem 24.9.2008 und dem 25.10.2009 zur Leistung von Kindesunterhalt nicht in der Lage zu sein, da er ab dem 26.6.2008 lediglich Rente i.H.v. 728,62 EUR monatlich bezogen habe.
Erst ab dem 1.7.2009 habe sich diese Rente auf monatlich 745,36 EUR erhöht. Unter diesen Umständen sei für den Zeitraum zwischen Juli 2009 und Juni 2010 ein Mittelwert aus 728,62 EUR und 745,36 EUR i.H.v. monatlich 736,99 EUR zu bilden.
Die dem Kläger zugeflossene Nachzahlung i.H.v. 6.008,84 EUR für den Zeitraum zwischen November 2007 und August 2008 unterfalle dem streitgegenständlichen Abänderungszeitraum ab September 2008 nicht und sei dahe...