Leitsatz
Drei in den Jahren 1994, 1995 und 1996 geborene minderjährige Kinder nahmen ihre Mutter auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Alle drei gingen noch zur Schule und lebten im Haushalt ihres arbeitslosen Vaters. Die Beklagte war im Mai 1971 geboren, hatte den Schulabschluss der 8. Klasse absolviert und eine Berufsausbildung als Köchin.
Nach der Scheidung der Ehe von dem Vater der Kläger war sie eine neue Ehe eingegangen. Aus dieser Ehe waren Ende Januar 2006 zwei Töchter hervorgegangen, die in ihrem und im Haushalt ihres arbeitslosen Ehemannes lebten. Auch die Beklagte selbst war seit dem Jahr 2000 arbeitslos.
Das erstinstanzliche Gericht hat der Beklagten wegen Verletzung ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit ein fiktives monatliches Nettoeinkommen von 850,00 EUR zugerechnet und ihren Selbstbehalt wegen der neuen ehelichen Lebensgemeinschaft um 12,5 % reduziert. Sodann hat es den Klägern im Wege der Mangelfallberechnet Unterhaltsbeträge i.H.v. monatlich zwischen ca. 42,00 EUR und ca. 58,00 EUR ab November 2004 zuerkannt.
Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.
Das Rechtsmittel der Beklagten hatte überwiegend Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Beklagte schulde lediglich für den Zeitraum von März bis einschließlich Juni 2005 monatlichen Unterhalt von 38,00 EUR je Kind. Für die Zeit vorher fehle den Klägern wegen des Bezuges von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz die Klagebefugnis. Für die Zeit ab Juli benötige die Beklagte infolge der Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts das ihr fiktiv zuzurechnende Einkommen fast vollständig für den eigenen Lebensunterhalt.
Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht ging das OLG davon aus, dass die Beklagte sich wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit ein für sie erzielbares Einkommen aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit i.H.v. 850,00 EUR monatlich fiktiv zurechnen lassen müsse.
Der ihr zustehende Selbstbehalt sei im Hinblick auf ihr Zusammenleben mit ihrem neuen Ehemann wegen einer damit einhergehenden Kostenersparnis um jeweils 5 % angemessen zu reduzieren.
Infolge der fiktiven Einkommenszurechnung betrage der der Beklagten zu belassende notwendige Selbstbehalt 775,00 EUR bis Juni 2005 und sei ab Juli 2005 mit 890,00 EUR zu bemessen.
Eine Reduzierung des der Beklagten zustehenden notwendigen Selbstbehalts um jeweils 12,5 % hielt das OLG - anders als das erstinstanzliche Gericht - für nicht gerechtfertigt, da der Ehemann der Beklagten seit Beginn des Unterhaltszeitraums arbeitslos und Bezieher von ALG II war. Aufgrund dessen sei er nur eingeschränkt in der Lage, sich an den gemeinsamen Lebenshaltungskosten zu beteiligen. Dies rechtfertige allenfalls eine Reduzierung des Selbstbehalts der Beklagten um 5 %.
Nach Abzug des der Beklagten zu belassenden notwendigen Selbstbehalts bleibe für die Unterhaltsansprüche der Kläger bis einschließlich Juni 2005 eine Verteilungsmasse von 114,00 EUR monatlich. Im Hinblick darauf, dass alle drei Kinder in die gleiche Altersstufe einzustufen seien, entfalle auf jeden der Kläger ein monatlicher Unterhaltsbetrag i.H.v. 38,00 EUR.
Ab Juli 2005 gelte für den Wohnort der Beklagten ein einheitlicher notwendiger Selbstbehalt für Erwerbstätige von 890,00 EUR. Die durch das Zusammenleben und das gemeinsame Wirtschaften mit dem Ehepartner eintretende Haushaltsersparnis rechtfertige eine Reduzierung auf 846,00 EUR. Dieser unterste Selbstbehalt müsse der Beklagten in jedem Fall verbleiben, ab Juli 2005 bestehe daher Leistungsunfähigkeit hinsichtlich der Zahlung von Kindesunterhalt.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 21.09.2006, 10 UF 82/06