Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 4
Der Mieter kann sich dagegen nicht auf die soziale Härte berufen, wenn der Vermieter eine funktionsgebundene Werkmietwohnung gekündigt hat, weil er den Wohnraum für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten aus dem gleichen Grund benötigt oder der Mieter seinerseits das Dienstverhältnis grundlos gelöst oder begründeten Anlass zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat.
Rz. 5
Die Berufung auf die Härtegründe ist einmal dann ausgeschlossen, wenn der Vermieter die funktionsgebundene Werkwohnung (vgl. dazu § 576 Rn. 15) deswegen gemäß § 576 Abs. 1 Nr. 2 gekündigt hat (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 4), weil er sie für einen anderen Dienstverpflichteten benötigt, der dieselbe Funktion ausüben soll, wie der gekündigte Mieter/Dienstverpflichtete. Das kommt insbesondere in Betracht bei Hausmeisterwohnungen, die mit besonderen Einrichtungen zur Betreuung der Wohnungen ausgestattet sind, z. B. Notrufeinrichtungen für Fahrstühle. Die Sozialklausel gilt allerdings nur dann nicht, wenn die Kündigung der funktionsgebundenen Werkmietwohnung ausdrücklich auf diesen Betriebsbedarf gestützt wird. Kündigt der Vermieter die funktionsgebundene Werkwohnung unter Berufung auf § 573 Abs. 1 mit der Kündigungsfrist des § 573c, bleibt dem Mieter das Widerspruchsrecht erhalten. Dasselbe gilt, wenn der Vermieter nach § 576 Abs. 1 Nr. 1 anstatt nach § 576 Abs. 1 Nr. 2 kündigt.
Rz. 6
Hat der Vermieter aus sonstigen Gründen wegen berechtigten Interesses gemäß § 573 gekündigt, so gelten nicht nur die längeren Kündigungsfristen, sondern uneingeschränkt auch §§ 574–574c.
Rz. 7
Der Mieter kann sich ferner nicht auf Härtegründe berufen, wenn er entweder das Dienstverhältnis selbst grundlos aufgelöst hat oder er zur Auflösung des Dienstverhältnisses begründeten Anlass gegeben hat.
Ein Fall der Auflösung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses liegt nicht nur dann vor, wenn der Mieter das Dienst-/Arbeitsverhältnis – ordentlich oder außerordentlich – gekündigt hat, sondern auch dann, wenn die Dienst-/Arbeitsvertragsparteien auf Wunsch des Mieters einen Aufhebungs- oder Auflösungsvertrag geschlossen haben oder der Mieter das Dienst-/Arbeitsverhältnis wirksam angefochten hat (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 6). Denn der Begriff der "Auflösung" ist weiter als der Begriff der Kündigung des Mietverhältnisses.
Rz. 8
Weitere Voraussetzung des Ausschlusses der Sozialklausel bei Auflösung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses durch den Mieter ist jedoch, dass der Dienstberechtigte ihm dazu keinen gesetzlich begründeten Anlass gegeben hat. Ein gesetzlich begründeter Anlass liegt vor, wenn der Dienstberechtigte/Arbeitgeber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses durch den Dienstverpflichteten/Arbeitnehmer gesetzt hat. In Betracht kommen insbesondere Vertragsverletzungen des Dienstberechtigten/Arbeitgebers wie Nichtentrichtung der vereinbarten Vergütung, wiederholte Zuweisung nicht vertragsgemäßer Arbeit, Verstöße gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen, sexuelle Belästigungen. Auch die Auflösung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses im Wege der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung des Dienstberechtigten/Arbeitgebers schließt die Berufung des kündigenden Mieters/Arbeitnehmers auf die Sozialklausel nicht aus. Auch die Fälle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Konkurses oder Insolvenz des Arbeitgebers dürften ebenso wie die Fälle der Überführung der Arbeitnehmer in eine Beschäftigungsgesellschaft dazu führen, dass der Mieter sich bei Kündigung der Werkmietwohnung weiterhin auf die Sozialklausel berufen kann, obwohl das Arbeitsverhältnis mit dem Vermieter nicht mehr fortbesteht.
Rz. 9
Der Mieter kann sich ferner dann nicht auf die Härteklausel berufen, wenn der Dienstberechtigte das Dienstverhältnis aus einem Grund aufgelöst hat, den der Mieter zu vertreten hat.
Auch in diesem Fall kommt es auf die Art der Auflösung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses – fristgemäße oder fristlose Kündigung, Aufhebungs- oder Auflösungsvertrag (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 7) – nicht an. Allerdings werden nur die gesetzlich normierten Kündigungsgründe berücksichtigt (z. B. erhebliche Störung des Betriebsfriedens: AG Dortmund-Hörde, WuM 1958, 87). Daher genügt auch ein minderschweres Verhalten des Mieters, das die Kündigung sozial gerechtfertigt erscheinen lässt. Es muss sich regelmäßig um eine verhaltensbedingte Kündigung handeln. Eine personenbedingte Kündigung fällt nur dann darunter, wenn sie auf einem Fehlverhalten des Mieters/Dienstverpflichteten/Arbeitnehmers beruht. Eine betriebsbedingte Kündigung erfüllt den Tatbestand des § 576a nie (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 7).
Der Mieter kann sich auch dann nicht auf die Härteklausel berufen, wenn das Dienstverhältnis mit ihm während der Probezeit wegen seiner fehlender Eignung gekündigt worden ist (OLG Celle, WuM 1985, 142).