1 Leitsatz
Die Umstellung des Rubrums von den Wohnungseigentümern hin zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ändert nichts am Anfall eines bereits verdienten Mehrvertretungszuschlags.
2 Normenkette
Nr. 1008 VV RVG; § 44 Abs. 1, Abs. 2 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K erhebt zunächst gegen die anderen Wohnungseigentümer eine Beschlussklage. Für diese meldet sich Rechtsanwalt X. Wohnungseigentümer K stellt die Klage dann wegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer um. Die Klage wird abgewiesen. Fraglich ist, ob X die Gebühr Nr. 1008 VV RVG verdient hat. Das AG verneint die Frage, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Beklagte sei.
4 Die Entscheidung
Das sieht das LG anders! Nach der Kostengrundentscheidung habe K die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Entscheidend für den Anfall des Gebührentatbestands aus Nr. 1008 VV RVG sei der tatsächliche Auftrag, der dem Rechtsanwalt erteilt werde. Solle er die einzelnen Wohnungseigentümer vertreten, so erhalte er den Mehrvertretungszuschlag. Solle er hingegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertreten, stehe ihm der Mehrvertretungszuschlag nicht zu. Unerheblich sei, ob der Rechtsanwalt den nach materiellem Recht Falschen vertrete, also z. B., wie im Fall, da Wohnungseigentümer K – versehentlich – die anderen Wohnungseigentümer beklagt habe, für mehrere Wohnungseigentümer tätig werde. Entscheidend sei, für wen der Rechtsanwalt tätig sein sollte und nicht, für wen er nach materiellem Recht hätte tätig sein müssen. Das gelte sowohl für Aktiv- wie für Passivverfahren. Die Umstellung eines Antrags, sei es auch durch die Änderung des Passivrubrums, ändere an dem Anfall des Mehrvertretungszuschlags nichts, wenn zunächst die einzelnen Wohnungseigentümer verklagt worden seien.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um das Kostenrecht. Zu fragen ist, ob ein Rechtsanwalt durch eine Klageänderung (hier: der Wechsel des Beklagten) einen Teil der bereits verdienten Gebühren verliert. Diese Frage wird vom LG zutreffend verneint.
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die Beklagte der Beschlussklagen. Um sich angemessen verteidigen zu können, sollte sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in aller Regel durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ob die Verwaltung befugt ist, ohne Einschaltung der Wohnungseigentümer einen entsprechenden Vertrag namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu schließen, ist an § 27 Abs. 1 Satz 1 WEG zu messen. In der Regel wird danach der Auftrag erteilt werden können, ohne die Wohnungseigentümer zu beteiligen. Jedenfalls dürfte kaum ein Fall vorstellbar sein, in dem der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts ein Schaden droht. Anders mag es sein, wenn die Verwaltung bei der Auswahl eines Rechtsanwalts ermessensfehlerhaft gehandelt hat.
6 Entscheidung
LG Bremen, Beschluss v. 17.2.2023, 4 T 330/22