Normenkette
§ 119 AO, § 157 AO
Kommentar
Nach einem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes ist ein Gebührenbescheid der Gemeinde nichtig (unwirksam), wenn er an die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft adressiert ist, statt die einzelnen Miteigentümer des Grundstücks als Gebührenschuldner zu bezeichnen.
Das Gericht bezieht sich dafür auf § 119 AO. Danach muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. § 157 AO konkretisiert das für schriftliche Abgabenbescheide dahin, dass angegeben werden muss, wer die Abgabe schuldet. Diesem Erfordernis ist durch die Nennung einer Wohnungseigentümer-Gemeinschaft nicht genügt, wie sich auch schon aus dem Urteil des VGH München vom 07.11.1978 ergibt. Eine Wohnungseigentümer-Gemeinschaft als solche kann nicht Träger von Rechten und Pflichten, also auch nicht Abgabenschuldnerin sein. Abgabenschuldner sind vielmehr stets die einzelnen Wohnungseigentümer.
Die Notwendigkeit, die einzelnen Abgabenschuldner in dem Abgabenbescheid aufzuführen, wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass Wohnungseigentümer-Gemeinschaften anders als andere Miteigentümergemeinschaften nach § 20 WEG verpflichtet sind, einen Verwalter zu bestellen und dieser Verwalter bestimmte Vertretungsbefugnisse hat, insbesondere Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen berechtigt ist, soweit sie an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet sind. Dadurch wird es einem jeden, der mit den Wohnungseigentümern in Rechtsbeziehungen steht, also auch der Gemeinde, erleichtert, Erklärungen abzugeben und Zustellungen vorzunehmen. Das macht es aber nicht entbehrlich, sich über die Person der einzelnen Wohnungseigentümer als Erklärungsadressaten Gewissheit zu verschaffen, und erlaubt folglich auch nicht, bei einer wechselnden Zusammensetzung der Wohnungseigentümer-Gemeinschaft dem Verwalter die Entscheidung darüber zuzuschieben, welche einzelnen Wohnungseigentümer denn nun die Abgabe zu entrichten haben.
Für diese von den Gemeinden erwünschte Großzügigkeit hat sich allerdings einmal der VGH Mannheim, im Urteil vom 18. 2. 1982, 2 S 968/81ausgesprochen. Allerdings hat auch einmal der Bundesgerichtshof (NJW 1977, 1686) die Auffassung vertreten, für die zur Verjährungsunterbrechung erforderliche Zustellung des Mahnbescheides oder der Klage reiche es aus, dass als Beklagter die "Wohnungseigentümer-Gemeinschaft . . ." angegeben wird. In dem dort entschiedenen Falle war aber die Liste mit der Bezeichnung sämtlicher Wohnungseigentümer nachgereicht worden. Der Bundesgerichtshof hat nicht erkennen lassen, dass er die Kurzbezeichnung auch für das Urteil als Vorstreckungstitel hätte genügen lassen. Es ist aber gerade die Besonderheit des Verwaltungsaktes, dass er die Funktionen, die im Zivilprozess die Klageschrift und das Urteil haben, in sich zusammenfasst und folglich in der Frage der Bestimmtheit sowohl der Schuldnerbezeichnung als auch des Inhalts der verlangten Leistung den an ein Urteil zu stellenden Anforderungen genügen muss.
Die Notwendigkeit dem Gebot des § 157 AO zu genügen und alle Personen, die als Gebührenschuldner in Anspruch genommen werden sollen, einzeln aufzuführen, gilt nicht nur für kommunale Benutzungsgebühren (Abfall, Straßenreinigung, Abwasser, Wasser usw.), sondern auch für Verwaltungsgebühren.
Link zur Entscheidung
( Hessischer VGH, Urteil vom 11.03.1985, 5 OE 26/83)
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