Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 3 KO, § 57 KO
Kommentar
1. Auch nach neuerlicher Meinung des Oberlandesgerichts Düsseldorf bleiben fällige Wohngeldvorauszahlungsansprüche nach genehmigtem Wirtschaftsplan nicht bevorrechtigte, einfache Konkursforderungen im Sinne des § 3 KO auch dann, wenn über die betreffende Jahresabrechnung erst nach Konkurseröffnung beschlossen wird. Insoweit kann nur eine etwaige "Abrechnungsspitze" (überschießende Restschuld) als Masseverbindlichkeit mit Verpflichtung einer Vorabbefriedigung aus der Konkursmasse durch den Konkursverwalter angesehen werden.
Mit anderen Worten nach den Leitsätzen der neuerlichen Entscheidung des OLG Düsseldorf:
Die Qualität einer einmal entstandenen Konkursforderung (hier: Wohngeldrückstand) erfährt durch den die Jahresabrechnung genehmigenden Beschluss der Wohnungseigentümer keine Änderung (wie BGH, Urteil des IX. ZS v. 10. 3. 1994, Az.: IX ZR 98/93mit ablehnender Anmerkung meinerseits = WE 7/94, 210 = WM 94, 346 = ZMR 94, 256).
Ob der Erwerber bei Anfechtung der Jahresabrechnung lediglich für die sog. "Abrechnungsspitze" haftet, bleibt unentschieden.
2. Vorliegend machte der Verwalter Wohngeldrückstände in einer Gesamtsumme von über 46.000 DM gegen einen Eigentümer geltend, gegen den am 7. 10. 1988 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die geltend gemachte Forderung wurde auf eine Beschlussfassung Ende 1990 für das Geschäftsjahr 1988 gestützt mit dem Antrag gegen den Konkursverwalter, die gesamte Forderung vorab aus der Konkursmasse (als Masseverbindlichkeit) zu bezahlen.
Amtsgericht und Landgericht Wuppertal hielten den Zahlungsantrag unter Hinweis auf den Fälligkeitseintritt durch die Beschlussgenehmigung Ende 1990 und bisherige obergerichtliche Rechtsprechung für begründet. Dem trat der Senat entgegen und verwies die Sache an das Landgericht zurück.
3. Nach Meinung des Senats sei die Forderung nur dann in vollem Umfange Masseverbindlichkeit, wenn sie insgesamt nach der Konkurseröffnung am 7. 10. 1988 begründet worden sei. Vorliegend hätte allerdings das Landgericht überprüfen müssen, ob im geltend gemachten Gesamtrückstand auch offene Hausgeldvorschüsse aus der Zeit vor Konkurseröffnung enthalten seien. Feststellungen hierzu seien nur dann entbehrlich, wenn durch den Mehrheitsbeschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung insgesamt eine neue Verbindlichkeit, auch bezüglich evtl. nicht gezahlter Hausgeldvorschüsse, begründet worden sei. Soweit bisher von Oberlandesgerichten Zahlungsansprüche allein auf die Abrechnung "gestützt" werden (als neue Rechtsgrundlage), sei dies nicht eindeutig dahin zu verstehen, dass die "Schuld" des Wohnungseigentümers aus dem Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplanes ersatzlos aufgehoben und durch den die Abrechnung genehmigenden Beschluss der Jahresabrechnung neu begründet worden sei. Der Senat habe eine Haftung des Erwerbers für nicht gezahlte "Rückstände" aus früheren Jahren nur dann vorbehaltslos bejaht, wenn der nach dem Erwerb ergangene Abrechnungsgenehmigungsbeschluss nicht angefochten war, allerdings ausdrücklich offengelassen, ob eine Haftung auch für bereits fällig gewordene, offene Wohngeldverpflichtungen des Voreigentümers bei Anfechtung des Beschlusses gegeben wäre (vgl. DWE 90, 104, WM 91, 623 und OLG Düsseldorf, Entscheidung v. 23. 6. 1995, Az.: 3 Wx 167/95).
Vorliegend sei nun auf die Entscheidung des BGH, Entscheidung vom 10.3. 1994, Az.: IX ZR 98/93- vgl. oben unter Ziff. 1. - abzustellen (ebenso Weitnauer, 8. Aufl., Rdz. 42, 43, 49ff. und zu § 16; Hauger in Festschrift für Weitnauer und Bärmann 1990, Seite 353/361 ff.). Diese Auffassung entspreche offensichtlich auch der Meinung des V. Zivilsenats des BGH (WEG-Senat = BGH, Entscheidung v. 30. 10. 195, Az.: V ZB 16/95, vgl. Wenzel, WE 94, 353, 358).
Ob gleiche Erwägungen des BGH in den Fällen der Erwerberhaftung dazu führten, dass eine Haftung des Erwerbers bei Anfechtung der Jahresabrechnung lediglich für die sog. "Abrechnungsspitze" in Betracht komme, brauche hier nicht entschieden zu werden. Auch mit Sonderumlage-Beschlüssen und nachträglich begründeten Zahlungsfälligkeiten sei dieser Fall nicht gleichzusetzen, da Sonderumlagen eine neue, eigenständige Verbindlichkeit begründeten, die als solche in dem (früheren) Wirtschaftsplan nicht enthalten gewesen sei.
Vorliegend müsse vom Landgericht neuerlich geprüft werden, wie sich der "rückständige" Forderungsbetrag zusammensetzt.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.1995, 3 Wx 197/94= NJWE 4/96, 89)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Bekanntlich haben andere Oberlandesgerichte (insbesondere das BayObLG) - zumindest bisher - einer Abrechnungsgenehmigung sozusagen "überholende" Anspruchsgrundlagen-Wirkung gegenüber früherem Wirtschaftsplan als Anspruchsgrundlage zugesprochen, d.h. eine Forderungs-Novation angenommen mit entsprechender Zahlungspassivlegitimation des Rechtsnachfolgers bei Beschlussfassung einer Abrechnung nach Eigentums- bzw. Verfügungswechsel. ...