Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 3 WEG, § 1 KO, § 6 KO, § 3 Abs. 1 KO, § 57 KO

 

Kommentar

1. Im Falle des Konkurses eines Eigentümers tritt an seine Stelle der Konkursverwalter ( § 864 Abs. 2 ZPO, § 1 Abs. 1 KO, § 6 KO). Veräußert dieser Wohnungseigentum vor Einleitung eines gerichtlichen Wohngeldinkassoverfahrens, muss er wegen der gegen die Konkursmasse gerichteten Ansprüche aus § 16 Abs. 2 WEG vor dem Prozessgericht verklagt werden. Das Gleiche gilt, wenn der Konkursverwalter das zunächst in die Masse gefallene Wohnungseigentum dem Gemeinschuldner freigibt; dann tritt dieser wieder in vollem Umfange in seine Rechte als Wohnungseigentümer ein; dem Konkursverwalter stehen Verwaltungs- und Verfügungsrechte an dem Wohnungseigentum nicht mehr zu.

2. Vorwegbefriedigung nach § 57 KO kann der hier in Prozessstandschaft klagende WE-Verwalter allenfalls wegen des Kostenanteiles verlangen, um den die nach Konkurseröffnung beschlossenen Jahresabrechnungen nach eigenem Vortrag die bereits vor Konkurseröffnung beschlossenen laufenden Vorschusszahlungen übersteigen (also nur saldierte "Abrechnungsspitzen"); hinsichtlich der fälligen Vorauszahlungsforderungen nach früheren Wirtschaftsplänen handelt es sich um einfache Konkursforderungen der Gemeinschaft gegen den Gemeinschuldner i.S.v. § 3 Abs. 1 KO; durch den nach Konkurseröffnung gefassten Beschluss über die Abrechnung des betreffenden Geschäftsjahres hat sich daran nichts geändert.

3. Der Beschluss über die Jahresabrechnung regelt verbindlich alle sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen der Wohnungseigentümer, so dass sich von einer Neubegründung auch der noch offenen Vorschussverbindlichkeiten sprechen lässt. Die Nachforderungen in Höhe der sog. Abrechnungsspitze werden durch den Beschluss über die Jahresabrechnung erstmalig (originär) begründet. Demgegenüber kommt diesem Beschluss in Bezug auf die rückständigen Vorschussforderungen grundsätzlich nur eine den Beschluss über den Wirtschaftsplan bestätigende oder - vergleichbar einem Abrechnungsvertrag nach § 782 BGB - eine rechtsverstärkende Wirkung zu (Hauger, Festschrift für Bärmann u. Weitnauer, 1990, S. 353, 361). Damit stimmt überein, dass der Wirtschaftsplan mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung seine Bedeutung zwar weitgehend, aber keineswegs vollständig verliert. Eine Schuldumschaffung im Sinne einer Novation, d.h. einer Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und seiner vollständigen Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung, ist mit diesem grundsätzlich nicht bezweckt (Hauger, S. 359). Im Allgemeinen ist bei der Feststellung des Willens, ein altes Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neues zu ersetzen, große Vorsicht geboten; regelmäßig wird eine Novation nicht gewollt (BGH, WM 93, 1078, 1079). Der Abrechnungsgenehmigungsbeschluss lässt deshalb die Eigenschaft des Anspruches auf rückständige Vorschüsse als Konkursforderungen unberührt. Der Sachverhalt liegt hier ähnlich wie bei einem nicht novierenden Vergleich über eine Konkursforderung oder einem ebenfalls nicht schuldumschaffenden abstrakten Anerkenntnis einer Konkursforderung. Durch derartige Rechtshandlungen werden die betroffenen Konkursforderungen modifiziert, verstärkt, unstreitig gestellt und als solche neu begründet. Ihre Qualität als Konkursforderungen erfährt dadurch jedoch keine Änderung.

4. Hinsichtlich einer nach Konkurseröffnung beschlossenen Sonderumlage mit anschließenden Zahlungsverpflichtungen ist die Rechtslage anders (erstmalige Begründung einer Verbindlichkeit als Masseverbindlichkeit).

5. Die sinngemäß anders lautenden Entscheidungen des OLG Karlsruhe, vom 10.01.1990, 11 W 167/89= ZMR 5/1990, 189 und des BayObLG vom 14.02.1991 (ZIP 91, 812) sind zu § 155 Abs. 1 ZVG ergangen und für den Konkurs nicht unmittelbar einschlägig.

Dass ein vor Konkurseröffnung gefasster Beschluss über eine Jahresabrechnung nach Konkurseröffnung abgeändert wurde (anderer Kostenverteilungsschlüssel), ist für die Wirksamkeit des Beschlusses über den Wirtschaftsplan für ein früheres Geschäftsjahr und die in ihm geregelten Vorschussverpflichtungen (allein Gegenstand des Revisionsverfahrens) ohne Bedeutung. Beschlüsse, Wohngeldvorschüsse nach einem anderen Maßstab, als dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile zu verteilen, sind i.Ü. nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar (absolut h.R.M.).

 

Link zur Entscheidung

( BGH, Urteil vom 10.03.1994, IX ZR 98/93= ZMR 6/1994, 256 = WM 6/1994, 346 = WE 7/1994, 210)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Durch dieses aus meiner Sicht im Ergebnis abzulehnende Urteil des IX. Zivilsenats des BGH als Revisionssenat der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit (also nicht des V. "WEG-Senats") wird die Rechtslage zu Abrechnungs- und Passivlegitimationsfragen (richtige Wohngeldschuldnerschaften) noch schwieriger und muss wohl in Zukunft noch differenzierter betrachtet werden. Was die Ablehnung der Novation (schuldumschaffenden Wirkung) einer Wohngeldv...

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