Leitsatz
Der Kläger machte gegenüber der Beklagten für das gemeinsame minderjährige Kind Kindesunterhalt ab dem 1.4.2006 geltend und beantragte gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ferner beantragte er, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Anwalts zu bewilligen.
Das AG übersandte der Gegenseite die Klage formlos mit der Aufforderung zur Stellungnahme zum Hauptsacheantrag und zum Eilantrag.
Nach Eingang der Stellungnahme der Beklagten nahm der Kläger den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück und bat hinsichtlich der Hauptsache um die Anordnung des Ruhens des Verfahrens. Zur Begründung trug er vor, die Parteien hätten in einem weiteren zwischen ihnen anhängigen Verfahren auf Zahlung von Trennungsunterhalt eine Regelung unter Berücksichtigung des Kindesunterhalts gefunden.
Sodann nahm der Klägervertreter den Antrag in der Hauptsache zurück. Die Beklagte beantragte, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und den Streitwert festzusetzen.
Zur Begründung führte sie an, das Verfahren habe sich nicht mehr im Prozesskostenhilfeprüfungsstadium befunden, da die Prozessbevollmächtigte des Klägers eine unterschriebene Klage und keinen Entwurf eingereicht habe. Der Antrag sei daher rechtshängig geworden. Er sei auch vorbehaltlich einer bewilligten Prozesskostenhilfe gestellt worden.
Das AG hat den Antrag der Beklagten, dem Kläger die Kosten gem. § 269 Abs. 3 ZPO aufzuerlegen, zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Kostenentscheidung sei nicht veranlasst, da die Klage mangels Zustellung nicht rechtshängig geworden sei.
Gegen diesen Beschluss legte die Beklagte Beschwerde ein, die keinen Erfolg hatte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG sah die Voraussetzungen für eine Kostengrundentscheidung zu Lasten des Klägers als nicht gegeben an.
Von der Regel des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, wonach den Kläger im Falle einer Klagerücknahme die Kostenlast treffe, sehe das Gesetz in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO als Ausnahme vor, dass für den Fall, dass der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen sei und die Klage daraufhin zurückgenommen werde, sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen bemesse. Dies gelte auch dann, wenn die Klage nicht zugestellt worden sei.
Der BGH habe entschieden, dass die durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 eingefügte Vorschrift des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO (a.F.) auch bei Klagerücknahme vor Zustellung anwendbar sei (BGH in FamRZ 2004, 697).
Diese Auffassung habe inzwischen mit der Einführung des § 269 Abs. 3 S. 3 Halbs. 2 ZPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 Eingang in das Gesetz gefunden.
Die Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erweise sich auch nicht deshalb als unrichtig, weil im Prozesskostenhilfeverfahren Gerichtskosten nicht entstanden und außergerichtliche Kosten dem Gegner nicht zu erstatten seien. Der Kläger habe nämlich nicht nur Prozesskostenhilfe beantragt, sondern zugleich Klage eingereicht. Es sei zwar richtig, dass ein als Klage bezeichneter Schriftsatz zunächst nur als ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemeint sein könne. Dies könne dann der Fall sein, wenn in dem Schriftsatz gebeten werde, "vorab" über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden oder in der Klagebegründung in anderer Weise klargestellt werde, dass eine Klageerhebung noch nicht beabsichtigt sei (BGH in FamRZ 2005, 794).
Im vorliegenden Fall habe der Kläger unbedingt Klage erhoben und ausdrücklich erklärt, Klage zu erheben und gleichzeitig um Prozesskostenhilfe nachzusuchen.
Der Anlass zur Klageerhebung sei durch den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich zum Trennungsunterhalt weggefallen, in dem auch der Kindesunterhalt berücksichtigt worden sei.
Den Kläger treffe keine Kostentragungspflicht. Das AG habe zu Recht den Antrag der Beklagten insoweit zurückgewiesen.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 28.02.2007, 1 WF 32/07