Leitsatz
Die Beteiligten waren nicht miteinander verheiratet. Der Antragsteller war der leibliche Vater eines am 26.2.2006 aus der Beziehung hervorgegangenen Kindes. Die Eltern hatten bis Ende des Jahres 2007 in einer Lebensgemeinschaft zusammengelebt und sich sodann getrennt.
Im April 2011 hatte der Antragsteller die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts beantragt. Das FamG hat daraufhin Beweis zu den Fragen des Kindeswohls durch Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens erhoben. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl des Kindes am ehesten entspreche. Auch gegen den Aufenthalt des Kindes beim Antragsteller beständen keine Bedenken. Nach Durchführung der Begutachtung haben die Eltern eine Sorgeerklärung nach § 1626a BGB abgegeben und zu den Gerichtsakten erklärt, dass es bezüglich des Aufenthalts des Kindes bei der bisherigen Situation bleiben könne, da der Aufenthalt nicht streitig sei.
Das AG hat daraufhin durch Beschluss die gemeinsame elterliche Sorge angeordnet und dem Kindesvater das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Die Kosten des Verfahrens wurden gemäß § 81 Abs. 1 S. 3 FamFG der Kindesmutter auferlegt.
Hiergegen wandte sie sich mit der Beschwerde und beantragte, die Kosten nach § 81 FamFG gegeneinander aufzuheben.
Das Rechtsmittel war erfolgreich.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG führte zunächst aus, dass es der nunmehr in Literatur und Rechtsprechung mehrheitlich vertretenen Auffassung folge, wonach Kostengrundentscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit isoliert - ohne gleichzeitiges Rechtsmittel in der Hauptsache - angefochten werden könnten. Aufgrund der finanziellen Belastungen mit Verfahrenskosten sei die Beschwerdeführerin rechtsbeeinträchtigt und damit beschwerdeberechtigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes sei erreicht, insgesamt errechnet sich eine Beschwer i.H.v. 5.421,62 EUR.
Das OLG hielt die Beschwerde auch für begründet. Es seien keine Umstände erkennbar, die eine Anwendung des § 81 Abs. 2 FamFG rechtfertigen könnten. Die Beschwerdeführerin habe weder Anlass für das Verfahren gegeben, noch habe ihr Antrag von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Gegen eine Kostenauferlegung nach § 81 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FamFG spreche bereits, dass das Gericht zur Prüfung des Kindeswohls ein Sachverständigengutachten eingeholt habe. Die Antragsgegnerin habe auch keine Falschangaben zu tragenden Tatsachen gemacht, so dass auch § 81 Abs. 2 Nr. 3 FamFG nicht anwendbar sei.
Schließlich hätten auch die Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung nach § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG nicht vorgelegen. Maßgebend für die gerichtliche Sorgerechtsentscheidung nach §§ 1626a, 1672 Abs. 1 BGB sei das Kindeswohl. Die Frage, ob die gemeinsame elterliche Sorge der Kindeseltern und der gewöhnliche Aufenthalt bei einem Elternteil dem Kindeswohl am besten entspreche, sei vorliegend nur unter Einschaltung sachverständiger Hilfe zu beurteilen gewesen. Eine schuldhafte Verletzung von Mitwirkungspflichten durch die Antragsgegnerin sei nicht zu erkennen.
Hinweis
Der Entscheidung des OLG ist sowohl hinsichtlich der Möglichkeit der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung als auch hinsichtlich des Ergebnisses in der Sache selbst zuzustimmen. In der Kostenentscheidung soll ein pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten eines Beteiligten berücksichtigt werden können. Im vorliegenden Fall war ein solches Verhalten der Antragsgegnerin nicht erkennbar.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 30.03.2012, 1 WF 144/12