Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostengrundentscheidung in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG liegen nicht vor, da die Antragsgegnerin weder Anlass für das Verfahren gegeben hat (Nr. 1) noch ihr Antrag von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und sie dies hätte erkennen müssen (Nr. 2). Gegen eine solche "offensichtliche" Betrachtungsweise spricht, dass das AG zur Prüfung des Kindeswohls ein Sachverständigengutachten eingeholt hat.
Anhaltspunkte für eine Kostenauferlegung gem. Nr. 3 ("schuldhaft unwahre Angaben zu einer wesentlichen Tatsache") sind nicht gegeben. Es können nur Falschangaben zu Tatsachen, die tragend sind, kostenschädlich sein. Die Einigung der Eltern über die elterliche Sorge und den Aufenthalt des Kindes beruht aber auf dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens.
Die gesamten Verfahrenskosten können der Kindesmutter nach der angeführten Bestimmung des § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG (Nichterscheinen zu einem Termin) nicht auferlegt werden, weil die Frage des Kindeswohls nicht ohne sachverständige Hilfe beurteilt werden konnte.
Normenkette
FamFG § 81 Abs. 2 Nr. 1, § 81 Nrn. 2-4
Verfahrensgang
AG Greiz (Beschluss vom 16.12.2011; Aktenzeichen 1 F 126/11) |
Tenor
1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Greiz vom 16.12.2011 - 1 F 126/11, wird dahingehend abgeändert, dass die Kosten des ersten Rechtszugs gegeneinander aufgehoben werden.
2. ...
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Beschwerdewert wird auf bis 6000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin waren nicht miteinander verheiratet. Der Antragsteller ist der leibliche Vater des Kindes F. M. F., geboren am 26.2.2006. Die Kindeseltern lebten bis zum Ende des Jahres 2007 in einer Lebensgemeinschaft zusammen und haben sich dann getrennt.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 12.4.2011 vor dem AG beantragt, ihm das gemeinsamen Sorgerecht für das Kind F. M. F., geboren am 26.2.2006, zu übertragen.
Die Antragsgegnerin ist Mutter eines weiteren Kindes L. S., geboren am 14.7.2009, dessen Vater nicht der Antragsteller ist. Das AG Greiz hat Beweis erhoben zu den Fragen
1. ob die gemeinsame elterliche Sorge des Kindesvaters und der Kindesmutter für ihr Kind F. M. F., geboren am 26.2.2006, dem Kindeswohl entspricht,
2. sollte dies zu bejahen sein, so soll zudem Beweis erhoben werden über die Frage, ob der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes F. M. F., geboren am 26.2.2006, bei der Kindesmutter in Solingen oder bei dem Kindesvater in Greiz dem Wohl des Kindes am besten entspricht, durch Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens.
Die Sachverständige W. ist in ihrem Gutachten vom 16.10.2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass die gemeinsame elterliche Sorge für Florian seinem Wohl am ehesten entspricht.
Herr F. wird als grundlegend erziehungsfähig in Bezug auf F. eingeschätzt. Er besitzt hinreichende väterliche Kompetenzen, um den Jungen umfassend erziehen und betreuen zu können. Frau K., die Lebensgefährtin von Herrn F., wird als Ressource in dem Familiensystem betrachtet. Sie kann die Integration von F. in die Familie und Herrn F. bei der Wahrnehmung seiner Erziehungsaufgaben positiv unterstützen.
Die Kindeseltern haben nach Durchführung der Begutachtung eine Sorgeerklärung nach § 1626a BGB jeweils unterzeichnet und zu den Gerichtsakten erklärt, dass es bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts bei der bisherigen Situation bleiben könne, da dieses - wie schon durch einstweilige Anordnung geschehen - auch weiterhin beim Kindesvater bleiben könne, da der Aufenthalt des Kindes nicht streitig sei.
Das AG hat durch Beschluss vom 16.12.2011 die gemeinsame elterliche Sorge des Kindesvaters und der Kindesmutter hinsichtlich des Kindes F. M. F., geboren am 26.2.2006, hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts aufgehoben und die elterliche Sorge insoweit, d.h. das Aufenthaltsbestimmungsrecht, auf den Kindesvater übertragen.
Das AG hat weiter die Kosten des Verfahrens der Kindesmutter gem. § 81 Abs. 1 S. 3 FamFG auferlegt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter, die beantragt, die Kosten nach § 81 FamFG gegeneinander aufzuheben.
Sie führt an, Gründe i.S.d. § 81 Abs. 2 FamFG, die Kosten der Kindesmutter aufzuerlegen, seien weder ersichtlich noch vorliegend zur Begründung der Entscheidung angegeben.
Es entspreche vielmehr billigem Ermessen, entsprechend den neuen kostenrechtlichen Vorschriften des FamFG im vorliegenden Verfahren keine Kostenüberbürdung vorzunehmen, da eine außergerichtliche Verständigung über Fragen des Sorgerechts und des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit rechtlich bindender Wirkung nicht möglich sei.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er führt an, die Kindesmutter habe im vorliegenden Verfahren die gewohnte Umgebung des Kindes verlassen. Sie habe weder den Kindesvater, die Kindertagesstätte noch sonstige Bezugspersonen von diesem Wegzu...