Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kostenverteilungsänderung gemäß auslegungsbedürftiger Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung (hier: Umstellung des Verteilungsschlüssels ab Umbau eines Speichers mit Sondernutzungsrecht in eine Wohnung vom Quoten- in einen Wohn- und Nutzflächenschlüssel)
Zur Flächenberechnung eines "Lagerkellers", von Kellerabteilen und Balkonen sowie Terrassen
Normenkette
§ 5 Abs. 4 WEG, § 10 Abs. 2 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 42 Abs. 1, 4 II. BVO, § 44 II. BVO
Kommentar
1. In objektiver Auslegung des Wortlauts und Sinns der hier getroffenen Vereinbarung
"... im Falle eines Ausbaus des Sondernutzungsbereichs zu Wohnzwecken sind die Hauskosten ab Bezugsfertigstellung nicht mehr nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, sondern nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen umzulegen. Für die Sondernutzungsrechte gilt, insbesondere hinsichtlich der Kostentragung, sinngemäß und entsprechend das Gleiche wie für Sondereigentum, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen".
hat hier der Verwalter zu Recht nach Ausbau eines großen, im Sondernutzungsrecht stehenden Speichers den Abrechnungsverteilungsschlüssel umgestellt. § 16 Abs. 2 WEG war hier in der Gemeinschaftsordnung mit Vereinbarungscharakter ausdrücklich abbedungen worden.
2. In diesem Zusammenhang wurde auch die Nutzfläche eines sondergenutzten "Lagerkellers"eines anderen Eigentümers (des Antragstellers) mit in die Verteilung der Kosten und Lasten einbezogen. Ein anderes Ergebnis würde dem nächstliegenden Sinn der Vereinbarungsregelungen widersprechen. Die Regelung lässt nicht erkennen, dass gerade die Nutzfläche des Lagerkellers, nicht aber andere vergleichbare Nutzflächen, außer Ansatz bleiben sollten.
3. Zu Recht durften allerdings die zu Wohnungen gehörenden Flächen der Kellerabteile bei der Berechnung und Verteilung unberücksichtigt bleiben; dies lässt sich aus analoger Anwendung des § 42 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 II. BVO entnehmen; Keller gehören insoweit nicht zur Wohnfläche einer Wohnung. Auf einen Lagerkeller, der nicht zu den Nebenräumen oder Zubehörräumen im Sinne des § 42 Abs. 4 II. BVO gehört, trifft diese Bestimmung nicht zu. Zwischen einem separaten größeren Lagerraum (über eigenes Sondernutzungsrecht einem Sondereigentum zugeordnet) und zu den Wohnungen gehörenden Kellerabteilen bestehen zudem erhebliche Unterschiede; sie sind weder von der Größe noch von der Funktions- und Nutzungsmöglichkeit her miteinander vergleichbar (vgl. auch BayObLG, WE 97, 119).
4. Im Übrigen trifft nicht zu, dass Balkone und Terrassen bei der Flächenberechnung nicht berücksichtigt seien; sie wurden vorliegend jeweils mit der Hälfte ihrer Grundfläche angesetzt (vgl. § 44 Abs. 2 II. BV). Ob dies mit der Entscheidung des Senats vom 7. 3. 1996 (BayObLGZ 96, 58) vereinbar ist, kann hier auf sich beruhen; der Antragsteller ist jedenfalls nicht dadurch benachteiligt, dass Balkone und Terrassen mit einem größeren Flächenmaß berücksichtigt sind; außerdem wäre eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu seinem Nachteil ausgeschlossen.
5. Wählen Wohnungseigentümer die Wohn- und Nutzflächen zulässigerweise als Lasten- und Kostenverteilungsschlüssel, so müssen diese nicht in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) festgelegt werden (BayObLGZ 96, 58/61 und WM 96, 364/366), auch wenn sich dies, um späterem Streit vorzubeugen, empfiehlt. Vorwiegend lag der Berechnung eine Aufstellung des Architekten vor, die seinerzeit auch der Behörde vorgelegt wurde und offenbar zur Verwendung im Rahmen der II. BV (§ 1 Abs. 1 Satz 1) erstellt worden war. Damit haben diese Angaben jedenfalls die tatsächliche Vermutung ihrer Richtigkeit für sich (die im Übrigen auch vom Antragsteller nicht bestritten wurde). Somit kann einer Abrechnung eine solche Flächenberechnung auch so lange zugrunde gelegt werden, solange nicht ihre Unrichtigkeit behauptet und zumindest in einzelnen Punkten (vom Antragsteller etwa im Bezug auf sein Werkstatt-Teileigentum und den dazugehörigen Lagerkeller) nachgewiesen wird.
6. Flächenberechnungs- und Kostenverteilungsschlüssel-Fehler können in einem Abrechnungsgenehmigungsbeschluss-Anfechtungsverfahren ebensowenig geltend gemacht werden wie sie auch nicht dem auf einen Eigentümerbeschluss gestützten Zahlungsanspruch entgegengesetzt werden können, solange der nach Gemeinschaftsordnung oder Gesetz maßgebende Kostenverteilungsschlüssel nicht wirksam abgeändert ist (BGHZ 130, 304/312 m.w.N.; BayObLG, WM 96, 297; KG Berlin, WM 92, 560). Selbst ein Änderungsanspruch hätte hier vom Antragsteller nicht mit Erfolgsaussicht gefordert werden können, da hier für die Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung ein sachlicher Grund bestand. Auch nach den Geboten von Treu und Glauben war für den Antragsteller die Kostenverteilungs-Änderung und Einbeziehung der Nutzfläche seines Lagerkellers hinzunehmen.
7. Keine außergerichtliche Kostenerstattung (aufgrund der unterschiedlichen Tatsacheninstanz-Entscheidungen und der nicht einfachen Rechtslage) bei Geschäftswertansatz für das Rec...