Leitsatz
Die Ausübung eines sich aus der unberechtigten Verweigerung der Untervermietung ergebenden außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB ist rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), wenn dem kündigenden Hauptmieter bekannt ist, dass ein Mietinteresse der benannten Untermieter nicht besteht.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 242, 540 Abs. 1 Satz 2
Kommentar
In einem am 1.11.2004 abgeschlossenen Mietvertrag über ein Einfamilienhaus war u. a. vereinbart, dass die Parteien für die Dauer von 3 Jahren – also bis Ende Oktober 2007 – wechselseitig auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichten. Im Juni 2006 haben die Mieter um eine vorzeitige Vertragsaufhebung zum 31.10.2006 gebeten. Der Vermieter hat seine Zustimmung von der Stellung eines Nachmieters abhängig gemacht. Einen Nachmieter haben die Mieter allerdings nicht gefunden. Deshalb haben die Mieter dem Vermieter mitgeteilt, dass sie das gesamte Haus in der Zeit von Januar bis Oktober 2007 an die Eheleute D. untervermieten wollen. Bei den Eheleuten D. handelt es sich um die Eltern der Mieterin; dies haben die Mieter dem Vermieter allerdings nicht mitgeteilt. Der Vermieter hat die Erlaubnis zur Untermiete verweigert. Daraufhin haben die Mieter das Mietverhältnis gem. § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB gekündigt. Der Vermieter hat eingewandt, dass die Eheleute D. kein Nutzungsinteresse haben. Der BGH hatte zu entscheiden, ob das Sonderkündigungsrecht des § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB auch in einem solchen Fall besteht.
Dies wird vom BGH verneint:
1 Ausschlussgrund
Die Untervermietung von Wohn- oder Geschäftsräumen ist nur mit Erlaubnis des Vermieters zulässig (§ 540 Abs. 1 Satz 1 BGB). Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, kann der Mieter das Mietverhältnis mit dreimonatiger Frist kündigen; das Kündigungsrecht ist nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nur dann ausgeschlossen, wenn "in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt". Ein solcher Ausschlussgrund lag allerdings nicht vor.
2 Nutzungsinteresse
Nach Auffassung des BGH ist die Kündigung des Mieters jedoch rechtsmissbräuchlich, wenn "es an einem Nutzungsinteresse der benannten Untermieter fehlt". Damit sind offenbar diejenigen Fälle angesprochen, in denen der Mieter eine Absicht zur Untervermietung lediglich vorspiegelt, um eine Verweigerung der Erlaubnis durch den Vermieter zu provozieren.
Der amtliche Leitsatz der Entscheidung, wonach das Kündigungsrecht "aus der unberechtigten Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung" folgt, ist missverständlich. Ein Recht zur Untervermietung setzt bei der Gewerbemiete eine vertragliche Vereinbarung voraus. Der Mieter von Wohnraum hat darüber hinaus nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, wenn er "einen Teil des Wohnraums" einem Dritten überlassen will. Das Kündigungsrecht des § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB hängt allerdings nicht davon ab, dass die Erlaubnis entgegen eines vertraglichen oder gesetzlichen Rechts verweigert wird. Deshalb kann der Wohnraummieter auch dann kündigen, wenn er die Absicht hat, die Mietsache als Ganzes zu vermieten und der Vermieter die dazu erforderliche Erlaubnis verweigert.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 11.11.2009, VIII ZR 294/08BGH, Urteil v. 11.11.2009, VIII ZR 294/08, WuM 2010 S. 30