Leitsatz
Vereinbarungen über die Abrechnung fiktiver Reisekosten stellen eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, so das OLG Hamm. Daneben gilt: Kündigungsgründe können auch noch im Laufe des Rechtsstreits nachgeschoben werden.
Sachverhalt
Beklagte war die Konzernmutter eines weltweit operierenden Bau- und Bergbaukonzerns. Der Kläger war Geschäftsführer, zunächst in einem ihrer Tochterunternehmen, später bei der Konzernmutter und wollte aus seiner Position nicht weichen.
Durch Beschluss vom 1.9.2005 entzog die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer das Vertrauen. Daraufhin wurde er auf der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung als Geschäftsführer abberufen und von seinen Dienstpflichten freigestellt. Aufgrund von Pflichtverletzungen bei einem Staudammprojekt beschloss der Aufsichtsrat die fristlose Kündigung der Dienstverträge.
Der so Entlassene klagte gegen seinen "Abschied". Als es eng wurde, schob der Konzern im Laufe des Rechtsstreits noch weitere Kündigungsgründe nach, von denen der Aufsichtsrat erst nach Ausspruch der Kündigung Kenntnis erlangt hatte. Unter anderem habe der Kläger mit einem leitenden Angestellten Vereinbarungen über die Abrechnung fiktiver Reisekosten getroffen, welche er abzeichnete und daraufhin die Auszahlung veranlasste.
Das OLG wies die Klage des Geschäftsführers ab. Die im Zusammenhang mit der Abrechnung der Reisekosten begangenen Pflichtverletzungen seien so schwerwiegende, dass allein diese eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Sie waren auch zu berücksichtigen, obwohl sie erst im Laufe des Verfahrens zu den die Kündigung auslösenden Pflichtverletzungen bei einem Staudammprojekt hinzu traten.
Es dürfen neue Gründe zur Rechtfertigung der Kündigung im Laufe des Rechtsstreits nachgeschoben werden, wenn sie bei Ausspruch der Kündigung bereits vorgelegen haben und das für den Ausspruch der Kündigung zuständige Organ das Geltendmachen auch dieser Gründe beschlossen hat. Sie müssen aber noch "aktivierbar" sein.
Der zur Kündigung Berechtigte darf von den die Kündigung rechtfertigenden nachgeschobenen Umstände nicht schon früher als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung Kenntnis gehabt haben, da eine Kündigung hinsichtlich dieser Gründe bereits bei Ausspruch verfristet wäre. Dabei kommt es grundsätzlich auf die Kenntnisdesgesamten für den Ausspruch der Kündigung zuständigen Organs an.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 28.02.2008, 27 U 115/06.