Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 27.04.2006; Aktenzeichen 14 O 13/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 27.4.2006 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
Die Beklagte ist die Konzernmutter eines weltweit operierenden Bau- und Bergbaukonzerns. Der Kläger war zunächst ab dem 1.11.1999 Geschäftsführer der Bauunternehmung E. I GmbH (im Folgenden auch kurz: FI), einer ihrer Tochtergesellschaften. Hierüber verhält sich der Geschäftsführerdienstvertrag vom 3.11.1999 (Bl. 26 ff. GA), der zunächst auf 5 Jahre befristet war. In der Aufsichtsratssitzung vom 6.11.2003 wurden der Dienstvertrag und die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer um weitere 5 Jahre bis zum 31.10.2009 verlängert.
Am 18.3.2005 wurde der Kläger vom Aufsichtsrat der Beklagten für die Zeit vom 1.4.2005 bis zum 31.10.2009 zu deren Geschäftsführer bestellt; ferner wurde zwischen beiden Gesellschaften und dem Kläger vereinbart, dass die Beklagte in den bestehenden Dienstvertrag mit dem Kläger eintritt.
Durch Beschluss vom 1.9.2005 entzog die Gesellschafterversammlung der Beklagten dem Kläger und seinem Mitgeschäftsführer H das Vertrauen. Daraufhin wurden beide auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Beklagten vom 7.9.2005 als Geschäftsführer abberufen und von ihren Dienstpflichten freigestellt. Auf seiner Sitzung vom 1.11.2005 beschloss der Aufsichtsrat dann die fristlose Kündigung der Dienstverträge, was dem Kläger mit Schreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden vom 3.11.2005 mitgeteilt wurde. Grund für diese Kündigung waren danach dem Kläger vorgeworfene gravierende Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einem Staudammprojekt in Algerien ("NBP Los 1").
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung vom 3.11.2005 noch durch andere Beendigungstatbestände beendet worden ist und zu unveränderten Bedingungen bis zum 30.10.2009 fortbesteht, sowie die Zahlung des vereinbarten Gehalts für die Monate November und Dezember 2005. Wegen der ursprünglich ebenfalls eingeklagten Gehaltszahlung für Oktober 2005 haben die Parteien den Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Beklagte hat zur Rechtfertigung der Kündigung im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Kläger, der für sie bereits seit 1999 wesentliche Aufgaben in den Bereichen Finanzen und kaufmännische Leitung übernommen habe und in dieser Funktion maßgeblich am Abschluss des Projektvertrages NBP Los 1 beteiligt gewesen sei, sie verpflichtet habe, ohne die erforderliche vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen, dass die gesamte Liquiditäts- und Avals- und insgesamt finanziell ungeklärte Situation die Verpflichtung nicht zugelassen habe, sowie dass die Gremien (Aufsichtsrat, Lenkungsausschuss, Mitgeschäftsführer) nicht umfassend informiert worden seien.
Im Laufe des Rechtsstreits hat sie sodann mit Schriftsatz vom 18.4.2006 zwei weitere Kündigungsgründe nachgeschoben, von denen ihr Aufsichtsrat erst nach Ausspruch der fristlosen Kündigung Kenntnis erhalten habe: Zum einen habe der Kläger zu Lasten der FI pflichtwidrig Zahlungen an einen leitenden Angestellten, Herrn S, veranlasst, die diesem nicht zugestanden hätten; er habe mit diesem eine Vereinbarung über die Abrechnung fiktiver Reisekosten getroffen. Demgemäß habe Herr S in den Zeiten, in denen ihm kein Dienstwagen zur Verfügung gestanden habe, nämlich von Februar 2003 bis Januar 2004 und zwischen Januar und Oktober 2005, insgesamt mehr als 20.000 EUR als vermeintliche Dienstreisekosten mit einem privaten Pkw monatlich abgerechnet, die jeweils vom Kläger abgezeichnet worden und bis auf die letzten beiden Monate zur Auszahlung gekommen seien. Zum anderen habe der Kläger eigenmächtig und pflichtwidrig die Tantieme für das Jahr 2004 vorzeitig vereinnahmt.
Das LG hat die Klage abgewiesen; es hat die fristlose Kündigung für begründet gehalten, weil der Kläger durch Beteiligung an der Eingehung eines großvolumigen Geschäfts, dessen Finanzierung nicht gewährleistet war, eine so schwerwiegende Verletzung der Interessen der Beklagten begangen habe, dass ihr die Vertragsfortsetzung mit ihm unzumutbar sei. Die finanziellen Verpflichtungen aus dem Projekt hätten die Liquiditäts- und Avalsituation der Beklagten bei weitem überstiegen. Außerdem habe der Kläger, den auch vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten bereits Sorgfalts- und Treuepflichten getroffen hätten, seine Mitgeschäftsführer, den Lenkungsausschuss und den Aufsichtsrat der Beklagten in nicht hinzunehmender Weise mangelhaft ...