Leitsatz
1. Sind mehrere Personen Mieter, so ist die für die Kündigung erforderliche Schriftform gewahrt, wenn das Kündigungsschreiben von einem Mieter mit dem Zusatz "i. A." unterzeichnet wird und sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Unterzeichner zugleich für sich selbst handeln wollte.
2. Bei einem Mietvertrag mit einem Studenten verstößt ein formularmäßig vereinbarter Kündigungsausschluss in der Regel gegen § 307 Abs. 1 BGB.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 307 Abs. 1, 568 Abs. 1, 573, 575
Kommentar
Gegenstand des Mietvertrags war ein möbliertes Zimmer, das im Herbst 2006 von einem Studienanfänger und dessen Vater angemietet wurde. In dem Mietvertrag war hinsichtlich der Vertragszeit Folgendes vereinbart: "Das Mietverhältnis beginnt am 1.10.2006. Der Vertrag läuft auf unbestimmte Dauer. Es wird vereinbart, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung für beide Parteien bis zum 15.10.2008 ausgeschlossen ist."
Die Regelung ist Teil eines Formularvertrags, lediglich die Datumsangaben sind handschriftlich in das Vertragsformular eingefügt.
Mit Schreiben vom 26.6.2007 – also nach ca. neunmonatiger Mietzeit – kündigte der Vater das Mietverhältnis fristlos wegen der "unhygienischen Zustände" im gemeinschaftlichen Sanitärbereich. Das Kündigungsschreiben war auf einem Briefbogen mit dem Briefkopf des Sohnes verfasst und vom Vater mit dem Zusatz "i. A." unterschrieben.
Das Landgericht hat die fristlose Kündigung wegen eines Formmangels (die Kündigung wurde ohne vorherige Abmahnung erklärt) für unwirksam erachtet. Es hat weiter ausgeführt, dass die unwirksame fristlose Kündigung in eine wirksame ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann. Diese habe das Mietverhältnis zum Ablauf des Oktober 2007 beendet, weil die Kündigungsausschlussvereinbarung unwirksam sei.
Der BGH hatte sich mit zwei Fragen zu befassen:
1. Formelle Wirksamkeit der Kündigung
Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses bedarf der Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB). Diese Regelung gilt auch für ein Mietverhältnis über ein möbliertes Zimmer (§ 549 Abs. 2 BGB). Vorliegend waren sowohl der Vater als auch der Sohn Partei des Mietvertrags. Aus diesem Grund mussten beide das Kündigungsschreiben unterzeichnen. Allerdings kann die Unterzeichnung auch durch einen Vertreter erfolgen. In diesem Fall ist erforderlich, dass sich aus dem Kündigungsschreiben mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass der Vertreter für einen anderen unterschreiben will.
Hier war zweifelsfrei, dass der Vater für den Sohn tätig werden wollte. Dies folgt aus dem Umstand, dass das Kündigungsschreiben den Briefkopf des Sohnes enthielt und vom Vater mit dem Zusatz "im Auftrag" (des Sohnes) unterschrieben wurde. Problematisch war lediglich, ob der Vater – der ebenfalls Partei des Mietvertrags war – zugleich für sich selbst handeln wollte. Dies wird vom BGH bejaht. Es genügt in solchen Fällen, wenn der Vermieter erkennen kann, dass der Vater die Kündigungserklärung als eigene Erklärung mittragen will. Hiervon sei aufgrund der Gesamtumstände auszugehen.
2. Wirksamkeit der Kündigungsausschlussvereinbarung
Der BGH hat bereits in früheren Urteilen entschieden, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung durch einen beiderseitigen Kündigungsverzicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt auch, wenn die Ausschlussvereinbarung durch Formularvertrag getroffen wird (BGH, Urteil v. 30.6.2004, VIII ZR 379/03, NJW 2004, 3117; BGH, Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 2/04, WuM 2004, 672; BGH, Urteil v. 6.4.2005, VIII ZR 27/04, NJW 2005, 1574). Die Dauer des Kündigungsausschlusses darf allerdings vier Jahre nicht überschreiten.
Hier war die Dauer des Kündigungsausschlusses handschriftlich in ein Vertragsformular eingefügt. Nach der Rechtsprechung des BGH hat dieser Umstand nicht zur Folge, dass die Regelung als Individualvereinbarung oder als ausgehandelte Klausel zu bewerten ist (BGH, Urteil v. 6.4.2005, VIII ZR 27/04, NJW 2005, 1574). An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest.
In seinem Urteil vom 6.4.2005 hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine formularvertragliche Kündigungsausschlussvereinbarung nicht ausnahmslos, sondern nur "in der Regel" wirksam ist. In der nunmehr vorliegenden Entscheidung stellt der BGH klar, dass ein solcher Ausnahmefall bei Mietverträgen mit Studenten anzunehmen ist. Diese Personengruppe habe ein besonderes Bedürfnis an Mobilität, "um auf Unwägbarkeiten des Studienverlaufs und ausbildungsbedingte Erfordernisse eines Ortswechsels angemessen reagieren zu können". Das Interesse eines Vermieters an einer Mindestmietzeit falle demgegenüber nicht ins Gewicht.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 15.7.2009, VIII ZR 307/08, NJW 2009, 3506