Kurzbeschreibung
Muster für eine Kündigungsschutzklage eines schwerbehinderten Arbeitnehmers wegen Verstoßes gegen den besonderen Kündigungsschutz nach dem SGB IX.
Vorbemerkungen
Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen bedarf der Zustimmung des für den Standort des Betriebs/Unternehmens zuständigen Integrationsamts, § 168 SGB IX.
Schwerbehinderte Menschen sind Personen, die einen vom Amt für Soziales und Versorgung anerkannten Grad der Behinderung von mindestens 50 haben. Ihnen gleichgestellt sind Personen, deren Grad der Behinderung weniger als 50, mindestens jedoch 30 beträgt, wenn die Voraussetzungen von § 2 Abs. 3 SGB IX vorliegen. Die Agenturen für Arbeit sind für die Gleichstellung zuständig.
Eine Kündigung, die vor oder ohne Einholung einer solchen Zustimmung ausgesprochen wird, ist wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 168 SGB IX nach § 134 BGB unwirksam.
Dieser Kündigungsschutz besteht allerdings nur, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX oder die auf Stellen im Sinne des § 156 Absatz 2 Nummer 2 bis 5 beschäftigt werden oder, § 173 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI oder deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben oder Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Sechsten Buch oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben, wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen.§ 173 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB XI.
Sofern das Integrationsamt der Kündigung zustimmt, muss der Arbeitgeber die Kündigung des schwerbehinderten Menschen bzw. des Gleichgestellten innerhalb eines Monats seit Zustellung des Bescheids des Integrationsamts erklären.
Der schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Arbeitnehmer kann gegen diesen Bescheid Widerspruch und Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Beides hat allerdings keine aufschiebende Wirkung.
Neben der Zustimmung des Integrationsamts bedarf es auch der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung.
Liegen aus Sicht des Arbeitgebers Gründe für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung vor, gilt auch bei schwerbehinderten Menschen oder Gleichgestellten die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Ebenfalls binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung des für die Kündigung maßgeblichen wichtigen Grunds hat der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts zu beantragen, § 174 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das Integrationsamt muss ebenfalls binnen zwei Wochen seine Entscheidung über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung treffen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn das Integrationsamt innerhalb dieser Frist keine Entscheidung trifft.
Wird die Zustimmung des Integrationsamts erst nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erteilt, muss der Arbeitgeber die Kündigung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach der Zustimmung aussprechen.
Gemäß § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ist eine Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ohne vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unwirksam, weil die Verletzung des Unterrichtungs- und Anhörungsrechts der Schwerbehindertenvertretung zu Lasten des Arbeitgebers geht.
Das gilt jedoch nicht, wenn ein als behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 30 anerkannter Arbeitnehmer die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nur beantragt und dies dem Arbeitgeber mitgeteilt hat. Dann ist der Arbeitgeber nicht nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung von der beabsichtigten Umsetzung dieses Arbeitnehmers (vorsorglich) zu unterrichten und sie hierzu anzuhören (BAG, Beschluss v. 22.1.2020, 7 ABR 18/18). Rechtsanwälte haben seit dem 1.1.2022 die aktive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu beachten und die Klage als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des verantwortenden Anwalts einzureichen, §§ 130a ZPO, 46c ArbGG.
Kündigungsschutzklage gegen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen
An das
Arbeitsgericht
.....................
per beA
Klage
des/der Herrn/Frau …
- Kläger/-in -
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt/Rechtsanwältin ... -
gegen
die ... GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer ...,
- Beklagte -
wegen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen.
Namens und in Vollmacht des/der Klägers/-in erhebe ich Klage und werde beantragen:
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom ..., zugegangen am ..., nicht aufgelöst worden ist.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Begründung:
I.
Der/die Kläger/-in ist am ... geboren, ledig und hat keine Unterhaltsverpflichtungen.
Der/die Kläger/-in ist seit dem ... zu 60 % schwerbehindert.
Beweis: |
Schwerbehindertenausweis – Anlage K 1 |
Der/die Kläger/-in ist seit dem ... fortlaufend bei...