Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung. Hilfsweise geltend gemachter Nachteilsausgleichsanspruch. Wertbemessung bei Kündigungsschutzklage und hilfsweise verfolgtem Nachteilsausgleichsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 12 Abs. 7 S. 1 am Ende ArbGG kommt nicht zur Anwendung, wenn hilfsweise zu einer Kündigungsschutzklage ein Abfindungsanspruch nach § 113 Abs 1 und 3 BetrVG eingeklagt wird.

2. Der Wert der Kündigungsschutzklage und der Wert der Abfindungsklage sind nach § 19 Abs. 1 S. 3 GKG nicht zu addieren. Vielmehr ist im Fall der Entscheidung über den Abfindungsanspruch oder einen Prozessvergleich der höhere der beiden Werte maßgeblich.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1; GKG § 25 Abs. 2; KSchG § 10; BetrVG § 113 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 25.11.2003; Aktenzeichen 5 Ca 511/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 25. November 2003 – 5 Ca 511/03 – abgeändert: Der Gebührenstreitwert wird auf 48.365,73 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts im Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts nach § 25 Abs. 2 GKG. Das Ausgangsverfahren hat durch Prozessvergleich geendet.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war eine Kündigungsschutzklage gegen eine betriebsbedingte Kündigung, eine weitere Feststellungsklage, die auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungstermin hinaus gerichtet war, und ein Antrag auf Bezahlung einer Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG. Im angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht den Wert für den Abfindungsantrag aus der Höhe eines Abfindungsanspruchs bestimmt, der sich aus einem nach Erhebung der Klage vereinbarten Sozialplan ergibt, diesen Wert aber nicht mit dem Wert der Feststellungsklage(n) addiert, sondern, da der Wert der Abfindungsklage der höhere war, aus diesem den Gebührenwert im Sinne des § 25 Abs. 2 GKG entnommen (12.653,72 EUR).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Sie wollen ohne weitere Bezifferung des Beschwerdeantrags die Addition der Gebührenwerte erreichen. Die weiteren Beteiligten haben sich in diesem Verfahren nicht geäußert.

II.

Die trotz unterlassener Bezifferung des mit ihr verfolgten Antrags zulässige Beschwerde hat im Ergebnis Erfolg. Der Gebührenstreitwert nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG ist in Höhe eines Abfindungsanspruchs nach § 113 BetrVG festzusetzen, der 18 Bruttomonatsbezügen des Klägers im Rahmen des beendeten Arbeitsverhältnisses entspricht. Die Anträge der Beteiligten sind im Rahmen des § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG nicht von Belang. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die beiden Feststellungsanträge sind jeweils in Höhe des Einkommens des Beschwerdeführers für ein Kalendervierteljahr (8.060,96 EUR) zu bewerten. Beide Werte sind infolge der erforderlichen teleologischen Reduktion des § 5 ZPO nicht zu addieren. Beide Anträge betreffen das nämliche wirtschaftliche Interesse des Klägers. Durch den zweiten Feststellungsantrag wird gegenüber dem Ersten kein zusätzlicher wirtschaftlicher Wert in den Rechtsstreit eingeführt. Dies ist auch nicht Gegenstand der Beschwerde, sodass sich insoweit weitere Ausführungen erübrigen.

Der Abfindungsanspruch (Hilfsantrag) ist in Höhe von 48.365,73 EUR zu bewerten, weil der Anspruch aus dem Sozialplan jedenfalls deshalb, weil dieser erst nach Klageerhebung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart worden ist, keinen Einfluss auf den Wert der Klageforderung haben konnte. Maßgeblich sind nämlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 15 GKG). Zu diesem Zeitpunkt bestand ein Abfindungsanspruch des Beteiligten zu 2 aus dem Sozialplan noch nicht. Die Klage wurde nach Abschluss des Sozialplans überdies auch nicht nachträglich für ein späteres Verfahrensstadium auf diesen Anspruch eingeschränkt. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers, das er zum Zeitpunkt der Klageerhebung an der Durchsetzung des Anspruchs hatte. Es handelt sich um einen unbezifferten Klageantrag. Der Kläger stellte sonach die Höhe des Anspruchs in das Ermessen des Gerichts. Dass er gleichwohl vom Höchstsatz nach § 10 KSchG ausging, ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführer, denen der Beteiligte zu 2 nicht entgegengetreten ist. Deshalb ist von diesem Wert auszugehen.

Diese Werte sind aber nicht zu addieren.

Allerdings ist § 12 Abs. 7 Satz 1, letzter Satzteil auf Fälle wie den vorliegenden nicht anwendbar. Diese Vorschrift ist ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung nach nur auf Abfindungen anzuwenden, die im Rahmen des Streits über die Wirksamkeit einer Kündigung festgesetzt werden. Soweit eine Abfindung nach § 113 BetrVG eingeklagt wird, ist die Wirksamkeit einer Kündigung gerade Voraussetzung. Gegenstand ist also nicht mehr ein Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses oder über eine Kündigung. Hieraus ergibt sich ohne we...

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