Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Maßgeblich für die Wertfestsetzung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Klageerhebung.

2. Betrifft eine Klage die Frage, ob das Arbeitsverhältnis noch – mangels wirksamer Kündigung – bestand, oder ob es geendet hat mit der Folge, dass wirtschaftlich an die Stelle der aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Vergütungsansprüche ein Abfindungsanspruch gemäß § 113 BetrVG als Kompensation für die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlittenen Nachteile tritt, schließen sich beide Ansprüche mit überschneidender Zielsetzung gegenseitig aus, sodass von einer Identität des Gegenstandes im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG auszugehen ist.

 

Normenkette

GKG §§ 15, 19 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 16.07.2003; Aktenzeichen 1 Ca 12795/02)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16. Juli 2003 – 1 Ca 12795/02 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Gebührenstreitwert auf 71.100,00 EUR festgesetzt wird.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts im Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts nach § 25 Abs. 2 GKG. Das Ausgangsverfahren hat durch Prozessvergleich geendet.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war eine Kündigungsschutzklage gegen eine betriebsbedingte Kündigung, eine weitere Feststellungsklage, die auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungstermin hinaus gerichtet war, und für den Fall der Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung (gemeint war wohl der Fall der Abweisung der Feststellungsklagen) ein Hilfsantrag auf Bezahlung einer Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG. Damit strebte der Kläger die Verurteilung zu einer Abfindung in Höhe des Höchstsatzes, also in Höhe von 15 Monatsverdiensten (71.100,00 EUR) an. Im angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht den Wert für die Klageanträge auf insgesamt 64.540,00 EUR festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich aus der Höhe der Vergütung für ein Kalendervierteljahr für den Feststellungsantrag und der Differenz zwischen dem mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Abfindungsbetrag abzüglich des Betrags, den der Kläger nach einem nach Klageerhebung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbarten Sozialplan zu beanspruchen hat, zusammen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Er will die Festsetzung des Gebührenwerts nur in Höhe der Vergütung für ein Kalendervierteljahr erreichen, weil nach § 12 Abs. 7 Satz, letzter Satzteil ArbGG der Wert einer Abfindung nicht hinzuzurechnen sei. Die weiteren Beteiligten haben sich in diesem Verfahren nicht geäußert.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Eine Herabsetzung des Gebührenstreitwerts kommt nicht in Betracht. Allerdings ist der Gebührenstreitwert nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG neu festzusetzen.

Beide Feststellungsanträge sind jeweils in Höhe des Einkommens des Beschwerdeführers für ein Kalendervierteljahr (14.220,00 EUR) zu bewerten.

Der Abfindungsanspruch (Hilfsantrag) ist in Höhe von 71.100,00 EUR zu bewerten, weil der Anspruch aus dem Sozialplan jedenfalls deshalb, weil dieser erst nach Klageerhebung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart worden ist, nicht von dieser Klageforderung abgesetzt werden darf. Maßgeblich sind nämlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 15 GKG). Zu diesem Zeitpunkt bestand ein Abfindungsanspruch des Beteiligten zu 1 aus dem Sozialplan noch nicht. Ob darüber hinaus auch die Frage der Schlüssigkeit der Klage, die streitwertrechtlich ohne Belang ist, für das Arbeitsgericht maßgeblich war, wenn es den Sozialplananspruch mindernd berücksichtigte, kann hier dahingestellt bleiben. Die Klage wurde jedenfalls nicht teilweise zurückgenommen.

Diese Werte sind aber nicht zu addieren.

Zu Unrecht ist allerdings der Beschwerdeführer der Auffassung, § 12 Abs. 7 Satz 1, letzter Satzteil sei auf Fälle wie den vorliegenden anwendbar. Diese Vorschrift ist ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung nach nur auf Abfindungen anzuwenden, die im Rahmen des Streits über die Wirksamkeit einer Kündigung festgesetzt werden. Soweit eine Abfindung nach § 113 BetrVG eingeklagt wird, ist die Wirksamkeit einer Kündigung gerade Voraussetzung. Gegenstand ist also nicht mehr ein Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses oder über eine Kündigung. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, dass die als Ausnahmeregelung generell nicht analogiefähige Bestimmung des § 12 Abs. 7 Satz 1, letzter Satzteil, nicht eingreift. Soweit § 113 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 BetrVG auf § 10 KSchG Bezug nimmt, handelt es sich nur um eine Rechtsfolgenverweisung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs haben mit einem Streit im Sinne des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG nichts zu tun.

Dies kann aber nicht dazu führen, dass der Wert des Hilfsantrags mit dem der Hau...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge