Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit für Verfügungsklage eines ehemaligen Priesters der Priesterbruderschaft St. Piux X.

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Verfügungsklage eines ehemaligen Priesters der Priesterbruderschaft St. Pius X ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben.

 

Normenkette

ArbGG §§ 2, 5 Abs. 1; GVG § 17a

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 22.05.2006; Aktenzeichen 15 Ca 137/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom22.05.2006 – Az.: 15 Ca 137/06 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf EUR 27.500,–festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner am 30.12.2005 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.08.2004 in Höhe von EUR 82.500,–nebst Zinsen.

Der Kläger ist Priester und war als solcher Mitglied der Beklagten zu 1, deren Rechtsträger der Beklagte zu 2 ist. Die Beklagte zu 3 wird vom Kläger als die „Dachorganisation” der Beklagten Ziffer 1 und 2 bezeichnet. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. sieht sich als eine „Priestervereinigung mit Gemeinschaftsleben ohne Gelübde nach dem Vorbild der Missionsgesellschaften” und als kanonisch errichtetes Glied der römisch-katholischen Kirche (http://www.fsspx.info/bruderschaft/index.php?show=fsspx am 04.09.2006, 12.41 Uhr). Sie entstand unter Führung des 1988 exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre; seit 1994 wird sie von dem exkommunizierten Bischof B. F. geleitet. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Glaubenslehre, so wie sie von der katholischen Kirche vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil vertreten wurde, aufrechtzuerhalten; insbesondere lehnte sie die so genannte „Neue Messe” ab, wie sie im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils durchgeführt wird. Die Priesterbruderschaft besitzt deshalb nicht die Anerkennung der römisch-katholischen Amtskirche. Das hat zur Folge, dass weder katholisches Ordensrecht noch die katholische Rechtsordnung des Codex Iuris Canonici (CIC) auf die Beklagten Anwendung finden; die Beklagten ihrerseits lehnen die Anwendung des CIC ab. Sie richten sich nach den als Anlage B4 vorgelegten Statuten (ABl. 70ff.). Die Priesterbruderschaft umfasst nach eigenen Angaben heute 417 Priester, 62 Brüder und ebenso viele Schwestern sowie 183 Seminaristen. Im deutschen Distrikt gibt es 12 Priorate, 3 Schulen, ein Seminar, ein Karmel-Kloster, ein Schwesternnoviziat, ein Altenheim und etwa 30 Kapellen (vgl. o. g. Internetauftritt).

Der Kläger ist 1975 in die Priesterbruderschaft St. Pius X. eingetreten und im Juni 1980 zum Priester geweiht worden. Seitdem war er in verschiedenen Prioraten, zuletzt seit Februar 1991 bis zu seinem Austritt am 31.08.2004 in Altötting als Priester tätig. In dieser Funktion nahm er die gesamte Seelsorge mit Ausnahme der Tätigkeit als Beichtvater wahr.

Der Kläger hat am 27.12.2004 Klage beim Landgericht Traunstein eingereicht; der Rechtsstreit wurde vom Bayrischen Obersten Landesgericht am 05.04.2005 an das Landgericht Stuttgart verwiesen (1 Z AR 62/05). In dem Verfahren macht der Kläger unter anderem „Wertersatz für die geleistete Tätigkeit” beziehungsweise einen Taschengeldanspruch in Höhe von EUR 10.738,–geltend (Anlage B1, ABl. 55ff., 62).

Der Kläger vertritt im vorliegenden Verfahren die Auffassung, dass er seine Tätigkeit aufgrund Weisung des jeweiligen Distriktoberen der Priesterbruderschaft ausgeführt habe; Mitbestimmungsrechte innerhalb der Organisation hätten ihm nicht zugestanden. Er habe jeden Tag mindestens acht Stunden gearbeitet; Urlaub habe es kaum gegeben. Während der Kläger sich während der Dauer der Tätigkeit weder Rücklagen für Alter, Krankheit oder Erwerbsminderung habe aufbauen können, da er außer Kost und Logis und einem kleinen Taschengeld keine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit bei den Beklagten erhalten habe, hätten diese auch aufgrund der Tätigkeit der bei ihnen beschäftigten Priester Vermögen durch Spenden anhäufen können. Die Beklagten könnten sich deshalb nicht auf das Kirchenprivileg gemäß Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 WRV berufen. Er hält die Arbeitsgerichte deshalb für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits für zuständig.

Die Beklagten stellen die Zulässigkeit des Rechtswegs in Abrede. Der Kläger sei Ordensangehöriger und damit kein Arbeitnehmer gewesen. Diese Auffassung habe er selbst noch im Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart vertreten (Schriftsatz vom 11.07.2005, Anlage B3, ABl. 68f.). Die Arbeitsleistung im Verhältnis zu einem Orden oder zu ähnlichen Gemeinschaften beruhe ausschließlich auf der Intensität der mitgliedschaftlichen Bindung. Kein Zweifel könne bestehen, dass es sich bei den Beklagten, wenn nicht um einen Orden im eigentlichen Sinn, so mindestens um eine ordensähnliche Gemeinschaft handle. Der Kläger sei als Mitglied der Beklagten zu 1 seelsorgerisch tätiger Geistlicher ebenso wie Geistliche der katholischen Amts...

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