Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert für Beschlussverfahren zur Feststellung der als erteilt geltenden Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung mehrerer Beschäftigter und der dringenden Erforderlichkeit einer personellen Einzelmaßnahme aus sachlichen Gründen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Bewertung des Antrags der Arbeitgeberin gemäß § 99 BetrVG auf Feststellung der als erteilt geltenden Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung eines leihweise Beschäftigten ist der Maßstab der Bestimmung des § 23 Abs. 2 und 3 RVG zu entnehmen, so dass der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach billigem Ermessen zu bestimmen ist; eine analoge Anwendung des § 42 Abs. 3 Satz 1 (und Satz 2) GKG oder eine Heranziehung dieser Bestimmungen zur Ermessenskonkretisierung kommt nicht in Betracht.

2. Ist das Begehren der Arbeitgeberin auf Feststellung der als erteilt geltenden Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von 21 namentlich bezeichneten Beschäftigten zwar in einen einzigen Antrag gekleidet, liegt damit jedoch tatsächlich eine objektive Antragshäufung vor, ist jedes einzelne Feststellungsbegehren einer separaten Bewertung zu unterziehen; ein gravierender Abschlag vom Anknüpfungswert ist dann gerechtfertigt, wenn es sich durchgängig um gleichgelagerte Sachverhalte handelt, bei denen lediglich die betriebliche Abteilung sowie der Beginn des Einsatzes teilweise unterschiedlich sind und die Arbeitgeberin bereits nur einen Antrag für alle 21 Mitarbeiter mit gleicher Begründung eingereicht und der Betriebsrat den Zustimmungsbegehren der Arbeitgeberin mit einheitlicher Begründung widersprochen hat.

3. Sind die Betroffenen auch im weiteren Verfahren einheitlich behandelt worden, ist angesichts des entsprechenden Arbeitsaufwands und der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage im Einzelfall ein erheblicher Abschlag vom Anknüpfungswert gerechtfertigt und für jeden der 20 Beschäftigten lediglich 10 % des Anknüpfungswertes (also jeweils 400 Euro) anzusetzen.

4. Die Bewertung des eigenständigen und auf § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG gestützten Antrags der Arbeitgeberin auf Feststellung, dass die personelle Einzelmaßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, ist ebenfalls dem Maßstab des § 23 Abs. 2 und 3 RVG zu entnehmen; der Wert des Antrags muss jedoch den Wert des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 BetrVG unterschreiten, so dass insoweit der Ansatz des halben Werts des Zustimmungsersetzungsverfahrens angemessen erscheint.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 2-3; GKG § 42 Abs. 3; BetrVG § 99 Abs. 1, § 100 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Entscheidung vom 26.03.2013; Aktenzeichen 1 BV 5/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lörrach vom 26.03.2013 - 1 BV 5/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Rechtsanwaltsgesellschaft Bantel und Kollegen wird auf 18.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Wegen des Sach- und Streitstandes bis zur Vorlage an das Beschwerdegericht wird auf die Sachverhaltswiedergabe im angegriffenen Beschluss in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Wiedergabe des Sachverhalts abgesehen, da der Beschluss des Beschwerdegerichts einem weiteren Rechtsmittel nicht unterfällt.

II.

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist statthaft (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Anträge zu 1 und zu 3 der Arbeitgeberin sind mit insgesamt 18.000,00 € zu bewerten. Eine Bewertung des Antrags zu 2 scheidet aus, da dieser nicht zur Entscheidung angefallen ist.

1. Der Antrag zu 1 der Arbeitgeberin gemäß § 99 BetrVG auf Feststellung der als erteilt geltenden Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung des Mitarbeiters C. als Leiharbeitnehmer ist mit 4.000,00 € zu bemessen.

a) Für die Bewertung derartiger Streitigkeiten gilt nach der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer (30. Juli 2009 - 5 Ta 33/09 - www.lag-baden-wuerttemberg.de unter der Rubrik "Streitwertkatalog"), dass der Maßstab für die Bewertung der Bestimmung des § 23 Abs. 2 und 3 RVG zu entnehmen ist. Hiernach ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000,00 €, nach Lage des Falls niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 € anzunehmen. Eine Abweichung von diesem Wert in der einen oder anderen Richtung setzt Tatsachen voraus, die ihn als erkennbar unangemessen erscheinen lassen. Hierbei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für den Wert der Leistung des Rechtsanwalts bestimmend sind. Demnach ist in erster Linie auf tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten in der Sache abzustellen,...

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