Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für ein Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die sich nach § 9 BetrVG bestimmt.
2. Sichert ein einstweiliges Verfügungsverfahren bei Erfolg des Antragstellers den geltend gemachten Anspruch, liegt also eine sog. Befriedigungs- bzw. Erfüllungsverfügung vor, ist ein Wertabzug gegenüber dem Hauptsacheverfahren nicht gerechtfertigt. In diesem Fällen wird letztlich nicht nur eine vorläufige Regelung getroffen.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3; BetrVG §§ 9, 17, 19; ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Aktenzeichen 28 BVGa 2/09) |
Tenor
wird der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der R. für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren begehrte die Arbeitgeberin im Wege einstweiliger Verfügung den Abbruch einer zum Jahreswechsel 2008/2009 vorgesehenen Betriebsratswahl in ihrem Betrieb in U.. Im Betrieb der Arbeitgeberin in U. sollte – ausgehend von 94 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern – die Wahl eines fünfköpfigen Betriebsrates stattfinden. Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2009 wurde dem Wahlvorstand die weitere Fortsetzung der laufenden Betriebsratswahl untersagt. Die gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts gerichtete Beschwerde des Wahlvorstandes hat das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 20. Februar 2009 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 hat der Beteiligte zu 3 beantragt, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Beschwerdeverfahren festzusetzen. Er hat mit Schriftsatz vom 15. Juni 2009 angeregt, den Wert auf EUR 16 000,00 festzusetzen und legt dabei eine Beschäftigtenzahl von mehr als 100 Arbeitnehmer zu Grunde. Die übrigen Beteiligten des Wertfestsetzungsverfahrens haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das vorliegende Beschwerdeverfahren war auf EUR 14 000,00 festzusetzen. Das Beschlussverfahren über die Untersagung der Fortsetzung der Betriebsratswahl hat eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit zum Gegenstand und ist nach den Grundsätzen wie ein Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG zu bewerten. Die Wertfestsetzung hat deshalb nach § 23 Absatz 3 RVG zu erfolgen. Dabei geht die Beschwerdekammer von einer typisierenden Betrachtung aus, die die Wertfestsetzung ausgehend vom Hilfswert nach § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG vornimmt. Danach ist für die Wahlanfechtung bei fehlenden Anhaltspunkten für eine abweichende Bewertung von dem eineinhalbfachen Hilfswert auszugehen. Dieser Wert ist für jede der in § 9 BetrVG genannten Staffeln jeweils um den Hilfswert von EUR 4 000,00 zu erhöhen. Bei einem fünfköpfigen Betriebsrat ergibt sich damit ein Wert von EUR 14 000,00. Vorliegend keiner Entscheidung bedarf, ob diese Regelbetrachtung bei größeren Betriebsräten einer Einschränkung bedarf. Eine Minderung des Wertes im Hinblick darauf, dass es sich beim Verfahren um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelte, scheidet aus.
1. Ein Beschlussverfahren über die Untersagung der Fortsetzung der Betriebsratswahl ist eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, deren Bewertung grundsätzlich nach § 23 Absatz 3 Satz 2 RVG zu erfolgen hat. Ein Beschlussverfahren, dessen Gegenstand der Abbruch einer bereits eingeleiteten, aber noch nicht abgeschlossenen Betriebsratswahl ist, ist mit einem Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG vergleichbar. Dies rechtfertigt die Übertragung der Bewertungsmaßstäbe, die für die Anfechtung einer Betriebsratswahl gelten, auf solche Verfahren. Wird in einem solchen Beschlussverfahren auf Abbruch der eingeleiteten Betriebsratswahl erkannt, so nimmt dies das Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG vorweg. Die Interessenlage der am Verfahren Beteiligten ist weitgehend identisch.
2. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gemäß § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebes bestimmt wird. Dies entspricht der überwiegenden Auffassung der Landesarbeitsgerichte (LAG Berlin 17. Dezember 1991 – 1 Ta 50/91 (Kost) – NZA 1992, 327; LAG Rheinland-Pfalz 30. März 1992 – 9 Ta 40/92 – NZA 1992, 667; LAG Thüringen 13. November 1998 – 8 Ta 134/98 – AuR 1999, 146; LAG Köln 10. Oktober 2002 – 11 Ta 28/02 – NZA-RR 2003, 493; LAG Schleswig-Holstein 9. Juli 2003 – 3 Ta 215/02 – NZA-RR 2004, 212 = LAGE BRAGO § 8 Nr. 55; LAG Hamm 28. April 2005 – 10 TaBV 55/05 – NZA-RR 2005, 435; LAG Hamm 19. Dezember 2005 – 10 TaBV 161/05 – zitiert nach juris).
a) Die erkennende Kammer geht dabei von einer typisierenden Betrachtung aus, die die Wertfestsetzung ausgehend vom Hilfswert nach § 23 Absat...