Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Bestandsschutz- und Zahlungsanträge gegen mehrere Beklagte. Verhältnis von Bestandsschutz- und Zahlungsanträgen zu Weiterbeschäftigungsanträgen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Zusammentreffen eines Kündigungsschutzantrags und einer Zahlungsklage, deren Erfolg unmittelbar von dem der Bestandsschutzklage abhängt, besteht wirtschaftliche Teilidentität, so dass die Werte nicht zu addieren sind sondern vom jeweils höheren Wert auszugehen ist.
2. Ein allgemeiner Feststellungsantrag wirkt sich im Hinblick auf den bereits mit dem Höchstwert gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG veranschlagten Kündigungsschutzantrag im Ergebnis ebenfalls nicht streitwerterhöhend aus, weil durch ihn wirtschaftlich kein weiterer Wert in den Rechtsstreit eingeführt worden ist.
3. Auch bei einem Aufeinandertreffen eines Zahlungsanspruchs nach Ablauf der Kündigungsfrist und eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrags hat eine Werteaddition gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu erfolgen; das gilt jedoch nicht im Verhältnis eines Bestandsschutz- und eines Antrags auf Annahmeverzugsvergütung einerseits und eines Hilfsantrags auf Wiedereinstellung andererseits und auch nicht im Verhältnis eines eventualkumuliert gestellten Zahlungsantrags auf Annahmeverzugsvergütung aufgrund einer mit dem Hauptantrag angegriffenen Kündigung und eines Wiedereinstellungsanspruchs.
4. Mit dem Wort "Gegenstand" in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht der Streitgegenstand im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gemeint; entscheidend für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist, ob die Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist.
5. Nach dem kostenrechtlichen Gegenstandsbegriff sind für das Merkmal "desselben Gegenstandes" in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zwei Voraussetzungen erforderlich, nämlich dass die Ansprüche nicht nebeneinander bestehen können und dass sie auf dasselbe Interesse gerichtet sind; diese beiden Voraussetzungen werden auch unter dem Begriff der (rechtlichen oder wirtschaftlichen) Identität zusammengefasst.
6. Können Begehren, die mit jeweils identischen Anträgen gegenüber mehreren Beklagten verfolgt werden, nicht nebeneinander bestehen und sind die Anträge gegenüber den einzelnen Beklagten nur aus prozesstaktischen Gründen nicht jeweils in ein Hilfsverhältnis gestellt, weil eine bedingte subjektive Klagehäufung unzulässig ist, scheidet eine Vervielfachung der Werte der jeweils identischen Anträge gegenüber den Beklagten aus.
Normenkette
GKG § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 4, § 63 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 08.05.2013; Aktenzeichen 10 Ca 366/12) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 08.05.2013 - 10 Ca 366/12 - abgeändert.
Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf 21.976,45 € festgesetzt.
2.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Gegenstand des Ausgangsverfahrens war (zunächst) eine ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1, der (ursprünglichen) Arbeitgeberin des Klägers, vom 15.12.2011 zum 15.01.2012. Weil die Beklagte zu 1 ihre Produktion noch vor Ablauf der Kündigungsfrist in die Geschäftsräume der Beklagten zu 2 und/oder zu 3 verlagerte und infolge einer Neugründung der Beklagten zu 4 unter Umständen auch ein Betriebsübergang auf letztere stattgefunden haben könne, erhob der Kläger - vereinfachend dargestellt - gegen alle vier Beklagten jeweils mit getrennten Anträgen
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Kündigungsschutzklage
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einen allgemeinen Fortbestandsfeststellungsantrag
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den allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag
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hilfsweise die Wiedereinstellung zu den ursprünglichen Bedingungen
und verlangte gegen die Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldner Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 16.01.2012 bis 31.12.2012 in Höhe von 33.350,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 14.273,55 €.
Der Rechtsstreit endete nach teilweiser Klagerücknahme und einem Teilurteil durch Schlussvergleich.
Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 20.300,00 € (8.700,00 € ≪= 3 durchschnittliche Bruttomonatsvergütungen des Klägers à 2.900,00 €≫ für die Bestandsschutzanträge zuzüglich 2.900,00 ≪= eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung des Klägers ≫ für den Weiterbeschäftigungsantrag und 8.700,00 € für die Wiedereinstellungsanträge) festgesetzt.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat und mit der diese ihr Begehren bezüglich einer Addition der Zahlungsanträge, des Weiterbeschäftigungs- und des Wiedereinstellungsantrags sowie eine Vervierfachung der Summe aufgrund unbedingter Klageerhebung gegen alle vier Beklagten weiterverfolgen.
II.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist st...